Interview mit Katja Hofem

VITA:

Katja Hofem (*1970) ist seit Dezember 2009 als Geschäftsführerin für sixx TV GmbH verantwortlich. Zusätzlich verantwortet sie das New Channel Development der ProSiebenSat.1 TV Deutschland GmbH. Zuvor leitete Katja Hofem Discovery Networks Germany als General Manager. In dem Unternehmen baute und positionierte sie als Geschäftsführerin und Vice President Channels den Sender DMAX sowie das Pay-TV-Geschäft auf und war mit der Entwicklung neuer Sender betraut. 1998 kam die gebürtige Aalenerin zu RTLII, zunächst als freie Redakteurin für Unterhaltung. Ende 1999 übernahm sie die Leitung der Unterhaltungsredaktion, 2002 kamen die strategische Programmplanung sowie die gesamte Budgetverantwortung im Bereich Programm/Unterhaltung hinzu. Von 2004 bis 2006 verantwortete die studierte Politikwissenschaftlerin als Leiterin Programm schließlich die strategische Programmplanung, Marketing, Presse und On Air Promotion.

Es wird darüber spekuliert, ob uns das Netz zu schlechteren Menschen macht. Aber sind nicht wir Menschen es, die das Internet benutzen? Wenn das so ist, brauchen wir vielleicht eine Kindersicherung für uns selbst?

Wir glauben nicht daran, dass das Netz uns zu schlechteren Menschen macht, sondern, dass die Chancen und positiven Seiten des Netzes überwiegen. Wie bei jeder signifikanten Medienrevolution machen die neue Möglichkeiten des Unbekannten zunächst Angst – um das Medium Internet mit all seinen Chancen nutzen zu können, gibt es immer mal wieder ‚Ausschläge‘, danach pendelt sich die Nutzung ein.
Menschen haben Angst, dass man ihre Häuser fotografiert. Dabei nutzen viele Menschen, die ich kenne, leidenschaftlich gerne Google-Street-View. Bekämpfen wir am Ende etwas, das uns selbst gefällt?

Ja, das sehen wir ähnlich. Auf der einen Seite möchte man seine ‚privaten‘ Rechte schützen, auf der anderen Seite, wenn man z.B. sein Haus verkaufen oder eine Wohnung mieten möchte, nutzt man Street View sehr gerne und versucht gerade im ersten Fall sein Haus wieder ‚sichtbar‘ zu machen, was dann nicht mehr möglich ist. Hierbei bekämpfen wir zunächst nur unseren Urinstinkt nicht komplett transparent zu werden, der durchaus nachvollziehbar ist, aber gerade in diesem Thema erwarte ich eine schnelle Entspannung, solange zufällig fotografierte Menschen von den Bildern entfernt werden.

Es ist nur natürlich, dass Verbrechen im Netz den Verbrechen in der realen Welt ähneln. Es wird jedoch so getan, als ob das Netz nur aus Cybermobbing, Kinderpornografie und Lynchjustiz bestehe. Wer profitiert von dem schlechten Ruf des Netzes?

Schwierige Frage, gibt es wirklich Profiteure, wenn man das Netz auf solche Themen reduziert? Kurzfristig könnten sich die ‚Fortschrittsverhinderer‘ bestätigt fühlen, aber langfristig sehe ich keine Profiteure.

Im Fall einer Datenauswertung hätte eine Regierung sämtliche Informationen über meine Person. Wie wahrscheinlich ist es, dass irgendwann ein Chip entwickelt wird, der unsere Daten (Krankheiten, Berufserfahrungen, Liebesbeziehungen, Wohnortwechsel, moralische Fehlverhalten) sammelt, speichert und ggf. offenlegt? Und selbst wenn, wäre dies schlimm?

Die Frage ist, wofür braucht jemand diese Daten? Krankheiten, Berufserfahrungen und Wohnwechsel sind heute schon in diversen Ämtern bekannt, zusätzlich also die Liebesbeziehungen und sonstige Informationen. Das ist sicherlich ein Thema für Menschen, die eventuell ihrer Sensationsgier zum Opfer fallen, das sind aber Einzelfälle. Solange die „Regierung“ als Synonym für Autoritäten gilt, die einen verantwortungsvollen Umgang pflegen und diese Daten nur bei akutem Bedarf etc. nutzen, sehen wir darin wenige Probleme, ob das letztendlich ein Chip ist oder eine Datenbank ist dabei nicht wichtig.

Angst ist das Thema unserer Zeit. Warum sind wir Deutschen so ängstlich? Warum brauchen wir immer so lange, bis wir uns an eine mediale Veränderung gewöhnen?

Angst bzw. Unsicherheit ist einer der natürlichsten Treiber, der gleichzeitig eine gründliche Auseinandersetzung mit neuen Themen initiiert, das kann man auch positiv sehen.

Es ist sicherlich keine typisch deutsche Eigenschaft, da gibt es genug andere Länder die auch ähnlich vorsichtig damit umgehen – häufig läuft die Adoption von neuen Medien mit sinnvoller nutzerfreundlichen Technik und Infrastruktur – sonst macht es keinen Sinn, sein bisheriges ‚erprobtes und bewährtes‘ Nutzungsverhalten zu ändern. Wenn man die Verbreitung der Smartphones in Deutschland sieht oder den Einfluss, den WLAN hatte betrachtet, belegt dies unsere These.

Die Urheberrechtsdebatte ist nicht neu. Wie könnte das Netz von Künstlern, Musikfirmen und Endverbrauchern verbessert werden? Oder anders gefragt: Wenn wir einen Medienminister hätten, was könnte er tun?

Urheberrechte müssen sinnvoll geschützt werden. Es wäre wichtig, dass es einen für Nutzer, Künstler, Label und Medienunternehmen transparenten Prozess gibt, der neue Mediengattung sinnvoll berücksichtigt. Gerade für Endverbraucher ist es häufig nicht verständlich, warum gewisse Rechte mal vorhanden sind mal nicht, die fehlende Verlässlichkeit resultiert dann in Urheberrechtsverletzungen durch Endverbraucher.

Welche Rolle haben die sozialen Netzmedien bei der Bekanntmachung des Senders gespielt?

Die sozialen Netzmedien spielen für sixx von Anfang an eine große Rolle. Über Facebook und Twitter stehen wir nahezu rund um die Uhr im direkten Kontakt mit unseren Zuschauerinnen und Zuschauern, nehmen Kritik und Anregungen sehr ernst und freuen uns über positives Feedback. Gerade bei Neustarts von Programmen z.B. der Erstausstrahlung von ‚Vampire Diaries‘ und Neuankündigungen unserer neuen US-Serien sind die sozialen Medien ein spannender Hebel. Nach nur zwei Jahren nach Launch haben wir als neuer Sender schon über 140.000 Facebook-Fans.

Es liegt auf der Hand, dass der Frauensender sixx von einer Frau geführt wird. Ist die Digitalisierung eine Chance für Frauen in der Medienbranche?

Interessante Kombination von Fakten. Allerdings glauben wir, dass die Digitalisierung eine Chance für die Medienbranche ist, aber nicht speziell für Männer oder Frauen.

Arbeiten Sie aktuell an digitalen Formaten? Wenn ja, an welchen?

Wir arbeiten aktuell an keinen exklusiv-digitalen Formaten. Soweit lizenzrechtlich möglich, sind all unsere beliebten Serien, Magazine, Dokus und weitere Highlights online im 7-Day-Catch-up unter www.sixx.de abrufbar. Allerdings arbeiten wir gezielt an unserer interaktiven Kommunikation mit unseren Online- und Social-Media-Nutzern – gerade an unseren Eventtagen oder auch zu den neuen US- Serien. Das Feedback ermutigt uns, neue Themen anzugehen. Exklusive digitale Formate sind weniger interessant für uns, wir arbeiten an ‚story-telling‘ Konzepten, die die neuen Formen der Mediennutzung mit den existierenden Formaten verbinden.

Was sind Ihre persönlichen Ziele für den Sender – Wie „digital“ ist die Zukunft von sixx?

sixx hat sich innerhalb von zwei Jahren zu einer erfolgreichen Fernsehmarke entwickelt. Immer öfter knacken wir die Ein-Prozent-Marke im Tagesmarktanteil. sixx ist die TV-Ruheoase für die Zuschauerinnen (und Zuschauer): zurücklehnen, entspannen und Zeit für sich nehmen. So soll es auch weitergehen. Wir werden in den nächsten Jahren unseren Erfolg im TV-Markt weiter ausbauen und auch die digitalen Distributionskanäle in einer sinnvollen 360-Grad-Verwertung ausweiten  – Online, Mobile, Social und sicherlich auch Internet-TV sind spannende Themen, die wir in den nächsten zwei Jahren angehen werden.

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