Kategorie-Archiv: Allgemein

Interview mit Andreas Rickmann

AndreasRickmann_SW

Du leitest bei BILD die Social-Media-Redaktion. Beobachtest du bei den Nutzern einen Verlust von Mitgefühl?

Einen Verlust von Mitgefühl beobachte ich insgesamt nicht. Was sich auf Plattformen verändert hat, ist aber das sehr direkte Feedback, das Redaktionen und Medienhäuser auf ihre Inhalte bekommen. Das bedeutet: Wir merken immer wieder, dass man ernsthafte Debatten bekommt, wenn man die Nutzer ernst nimmt. Wenn man sie allerdings nicht ernst nimmt, dann darf man sich auch nicht beschweren, wenn sie sich entsprechend benehmen, auch in den Kommentaren. Ich halte das insgesamt für eine gute Entwicklung, da Medienhäuser so gezwungen werden, sich mit ihren Leser zu beschäftigen. Und tatsächlich kommt es dann auch darauf an, sich zu überlegen, wie man die Leute am besten anspricht.

Natürlich gibt es auch Themen, bei denen man bereits vorher weiß, dass sie problematische Kommentare hervorrufen könnten. Gerade bei sensiblen Themen kann man durchaus den Eindruck gewinnen, dass Leute sich eine oftmals ja sehr differenzierte und komplexe Welt auf Plattformen manchmal etwas einfach machen.

Neue Möglichkeiten beim Thema Kommentare bietet uns etwa Facebook-Live. Community-Management ist somit nicht mehr nur noch das Moderieren von Kommentaren bei Facebook, da wir gerade bei Facebook-Live neue und faszinierende Möglichkeiten haben, die Leute einzubinden. So diskutiert bei BILD etwa immer der Autor des Kommentars auf Seite 2 der Zeitung am nächsten Tag per Facebook-Live mit den Usern. Das geht aber auch auf vielen kleineren Ebenen: Wenn der Reporter, der bei uns für Bayern München zuständig ist, vor einem Champions-Spiel über unsere FC-Bayern Seite, die über 130 000 Fans hat, live geht, bekommt viele sehr fachspezifische Fragen. Das ist eine tolle Möglichkeit, Leute einerseits mit einzubeziehen, andererseits aber auch die richtige Zielgruppe für bestimmte Themen zu erreichen.

Wie sehen immer wieder: Wenn man anfängt, mit den Nutzern zu sprechen, und sie ernst nimmt, bekommt man auch sehr gutes und differenziertes Feedback. Mir ist wichtig, dass das Thema Kommentarkultur bei Facebook eben nicht nur auf Hasskommentare beschränkt ist, sondern man muss sich immer überlegen, welche Zielgruppe man wie erreichen möchte und wie man den Leuten etwas geben kann. In der öffentlichen Diskussion zum Thema Facebook-Kommentare kommt mir das häufig zu kurz.

Ist es leichter, mit den Nutzern bei Facebook zu kommunizieren als unter einem Artikel? Kann man das überhaupt vergleichen?

Das ist schwer zu vergleichen, weil es unterschiedliche Situationen sind: Mit Facebook Live hat man es als Reporter vergleichsweise sehr leicht, in den Dialog mit den Nutzern zu gehen. Ich muss nur ein paar Dinge beachten, aber ich kann sofort live gehen und mit den Fans meiner Seite sprechen. Natürlich ist Facebook in diesem Bereich teilweise aber auch etwas flüchtig, was man an der Länge der Kommentare merkt.

Bei digitalen Strategien seid Ihr immer vorne mit dabei. Gilt das auch für die Bekämpfung von Hasskommentaren?

Ich finde, »Bekämpfung von Hasskommentaren« ist vielleicht der falsche Ausdruck. Man muss immer sehen, wie man die Leute erreicht, und ich glaube, die Leute merken sehr schnell, wenn man sie erziehen möchte. Ich glaube, die Aufgabe von Journalisten ist es, die Leute zu informieren. Nichtsdestotrotz ist eine gewisse Haltung wichtig.

Gerade bei sensiblen Themen achten wir sehr genau darauf, was unserer Netiquette entspricht und was nicht. Wir lassen uns in den Kommentaren nicht alles bieten. Was Rassismus oder einfach dumpfer Hass ist, behalten wir uns vor zu löschen. Das hat auch nichts mit Meinungsfreiheit zu tun. Solche Leute möchten wir einfach nur auf unserer Plattform dulden müssen.

Medien, gerade BILD, prägen das Meinungsbild von Menschen. Was tust du, um Ängste abzumildern und Mitgefühl zu wecken?

Wie schon gesagt: Ich glaube, die Aufgabe eines Journalisten ist es zu informieren, und die Aufgabe ist es nicht, die Leute zu erziehen.

Werden Community-Redakteure immer wichtiger?

Ich glaube, dass es einfach wahnsinnig wichtig ist, mit den Leuten zu sprechen, denn Journalisten haben ihre Gatekeeper-Funktion ein Stück weit verloren. Besonders auf Plattformen agieren sie mit ihren Nutzern auf Augenhöhe. Die Nutzer können direkt bei uns kommentieren und uns Feedback geben. Es ist auch eine tolle Möglichkeit für uns Journalisten, weil wir viel zurückbekommen. Weil ich genau weiß, wie etwas ankommt, weil ich auch ein Gespür dafür bekomme, wie die Leute ticken, und letztlich kann ich viel davon lernen. Aus meiner Sicht ist das mehr eine Chance und eine Möglichkeit, als dass es etwas Lästiges ist.

Verstärken die sozialen Medien Hass oder Mitgefühl? Oder macht das Netz Hass oder Mitgefühl nur deutlicher spürbar?

Ich glaube schon, dass man in den sozialen Medien einen Verstärker hat, weil viele Dinge extrem zugespitzt werden und manchmal die Botschaft, der eigentliche Kern von Dingen, in den Hintergrund rückt. Es kann auch sehr schnell sehr viel aus dem Zusammenhang gerissen werden. Dadurch sehe ich schon die Gefahr, dass Hass, aber auch Mitgefühl verstärkt werden kann. Die Verstärkung kann in beide Richtungen gehen.

Ich glaube, die Aufgabe von journalistischen Medienmarken muss es sein, Relevanz jenseits von hyperventilierenden, aus dem Zusammenhang gerissenen Zeilen herzustellen. Man darf nicht in die Falle tappen, Dinge zu verstärken nur um der Zahlen willen. Also dass man noch einmal einen draufsetzt und noch einmal einen draufsetzt, weil die Leute das gerade furchtbar viel teilen. Es ist die Aufgabe von Journalisten auf Facebook, zahlengetriebenes Arbeiten mit dem journalistischen Anspruch der Marke zusammenzubringen.

Wie schätzt du die Macht der Algorithmen bei unserer Kommunikation ein?

Wir müssen uns nichts vormachen: Der Algorithmus bei Facebook bestimmt letztlich ein Stück weit, was wir sehen. Ich glaube, man muss sich als Journalist, der auf Plattformen arbeitet, sehr genau ansehen, was dort passiert. Journalisten sollten einen Facebook-Newsfeed so lesen und verstehen können, wie sie eine Zeitung lesen. Was ich damit meine: Sie sollten in der Lage sein, die Mechanismen von Teilbarkeit und Reichweite bei Facebook zu verstehen – genauso wie sie beurteilen können, ob und warum eine Reportage in der gedruckten Zeitung gelungen ist oder nicht.

Wenn wir uns überlegen, dass 30 Millionen Deutsche monatlich aktiv auf Facebook eingeloggt sind, dann dürfen wir das als Medienmarke nicht ignorieren. Gleichzeitig muss ich mir Gedanken machen, wer ich mit der Marke sein möchte und wie ich dies mit dem journalistischen Anspruch der Marke verbinden kann, um eine Sichtbarkeit bei Facebook zu schaffen. Das ist eine große Herausforderung. Wenn man sich manche Seiten anschaut, dann erkennt man schnell, dass manche Medien sehr stark auf bestimmte Währungen schielen. Es tut der Marke meiner Meinung nach langfristig jedoch nicht gut, wenn die Balance zwischen journalistischem Anspruch und datengetriebenem Arbeiten zu sehr in die Zahlenrichtung ausschlägt.

Werden die Nutzer in den nächsten Jahren immer noch bei Facebook sein?

Die Realität ist, dass Facebook derzeit die größte Reichweite hat, andere Netzwerke haben derzeit deutlich geringere Reichweiten. Nichtsdestotrotz glaube ich, muss man andere Netzwerke sehr genau beobachten und sehr genau schauen, wie Leute zwischen 14 und 19 kommunizieren und wo sie ihre Nachrichten schauen. Stellen sie noch Dinge auf Facebook oder lesen sie dort nur noch passiv mit? Und dann sollte man sich wiederum überlegen, was dies für uns als Marke bedeutet. Müssen wir da auch rein, und wie wollen wir da rein? Gerade Instagram und Snapchat sind zwei Apps, die von der Struktur her ja noch einmal anders aufgebaut sind als Facebook und Twitter. Facebook und Twitter könnte ich als Medienmarke ja immer noch – überspitzt formuliert – als Linkschleuder benutzen.

Wir sehen nach dem Snapchat Discover Start von BILD außerdem, dass wir dort ein Publikum erreichen, das wir über ein Netzwerk wie Facebook nicht mehr erreichen würden – weil es wesentlich jünger ist.

Gibt es Momente, in denen du wegen des rauen Tons, der im Netz manchmal herrscht, ungern vernetzt bist?

Natürlich gibt es ab und zu Momente, in denen man das Internet gerne mal eine Stunde abschalten möchte. Meine Aufgabe ist es jedoch, das Ganze aus professioneller Sicht zu betrachten. Wenn man das aus dieser Sicht betrachtet, dann kann man auch gewisse Mechanismen nachvollziehen. Und natürlich ist es dann nicht meine Aufgabe, das Internet abzuschalten, sondern zu schauen, was warum passiert und was ich daraus lernen kann.

Siehst du Felder, auf denen uns das Netz empathischer macht? Gibt es Strategien, welche die Empathie im Netz fördern könnten?

Das ist am Ende all das, was mit Emotionen zu tun hat. Also im positiven wie im negativen Sinne. Das ist die gesamte Spanne von Emotionen: von Freude über Rührung und Teilnahme bis hin zur völligen Identifikation. Wenn man sich einmal anschaut, was im Netz auch sehr stark neben Empörung und Wut geteilt wird, dann ist es ganz häufig das, womit ich mich identifizieren kann. Und wenn ich etwas teile, etwa bei Facebook oder woanders, dann sage ich auch immer etwas über mich aus. Ich definiere mich selbst auch ein Stück weit über Dinge, die ich selbst teile. Ich glaube, die große Klammer, um die wir uns bewegen, sind am Ende Emotionen.

Zu den Strategien: Ich glaube, letztlich kommt es immer darauf an, Geschichten zu erzählen oder auch über Dinge zu sprechen oder zu schreiben, in denen sich Leute wiederfinden können. Die Strategie dahinter ist immer, von den Leuten und der Plattform her zu denken – und gleichzeitig eine eigene journalistische Haltung zu haben. Als Journalist muss ich mich trotzdem auch immer fragen, wer meine Leser sind, was sie möchten und auf welcher Plattform und in welcher Situation ich sie erreiche.

Ich glaube, es ist besonders wichtig, authentisch zu sein. Deshalb ist es wichtig, dass man auch die Menschen erreicht, die sich möglicherweise zum Hass hinziehen lassen, und dass man diese Leute nicht ausschließt. Es geht darum, journalistische Inhalte zu erstellen, die in Form, Inhalt und Ansprache der jeweiligen Plattform und den Menschen gerecht werden – und für die Marke stehen. Genau diese Standards auch für Plattformen mit all ihren neuen Möglichkeiten zu definieren, ist eine große Aufgabe für Journalisten im Jahr 2017.

Info: Dieses Interview ist Teil einer Reihe von insgesamt 15 Interviews und wurde letzten Sommer im Rahmen eines Buchprojektes geführt. Das Interview wurde am 11.07.2017 aktualisiert.

Interview mit Victoria Schwartz

Schwartz sw
Du hast auf deinem Blog darüber berichtet, auf ein Fake-Profil hereingefallen zu sein. Was versteht man unter einem Realfake?

Ein Realfake ist ein männlicher oder weiblicher Fake, der so gut und aufwendig gemacht ist, dass er absolut real erscheint. Realfakes arbeiten sehr planvoll und organisiert. Sie verfügen über komplexe, bis ins kleinste Detail stimmige Lebensgeschichten und können jedes ihnen angeblich widerfahrene Erlebnis mithilfe von gefälschten »Beweisen« mühelos belegen. In der Regel warten sie mit einem regelrechten Netzwerk falscher Familienmitglieder und Freunde auf und sind mit diversen Fake-Accounts (unter Verwendung unzähliger gestohlener Fotos) auf unterschiedlichsten Internetplattformen zu finden.

Im Gegensatz zu Scammern geht es Realfakes nie um Geld. Häufig beschenken sie ihre Opfer sogar. Sie wollen Gefühle wecken, echte Emotionen hervorrufen und genießen die Aufmerksamkeit, die ihnen entgegengebracht wird. Je nach Psychostruktur des Menschen, der dahintersteckt, spielt auch der Wunsch nach Macht und Kontrolle eine Rolle, und fast alle beherrschen die psychologische Manipulation erschreckend gut. So schaffen sie es, entgegen jeder Logik und oft über einen langen Zeitraum, die Zweifel ihrer Opfer immer wieder zu zerstreuen.

Wie können wir uns im Netz vor Realfakes schützen, ohne gleich in Kulturpessimismus zu verfallen?

Realfakes beteuern zu jedem Zeitpunkt, eine Beziehung mit ihrem Gegenüber im Real Life anzustreben. Da das natürlich nicht möglich ist, werden geplante Treffen immer wieder abgesagt und verschoben. Auch Videochats können logischerweise nicht stattfinden. Die Ausreden dafür sind gut und vielfältig – und da die Opfer meist recht schnell in eine Art emotionale Abhängigkeit rutschen, lassen sie sich viel zu leicht hinhalten. Dabei wäre es ganz einfach: Nichts spricht dagegen, mit Fremden im Netz zu kommunizieren. Im Gegenteil! Das Internet ist eine großartige Möglichkeit, Kontakte zu knüpfen und sich mit Menschen aus der ganzen Welt zu vernetzen. Sobald aber Gefühle ins Spiel kommen, muss man sich so schnell wie möglich treffen. Nicht nur, um zu überprüfen, ob der andere echt ist. Auch weil man erst dann erkennen kann, ob die Chemie wirklich stimmt. Schöne Worte sind das eine, aber wie der andere riecht und sich bewegt, ist natürlich genauso wichtig. Sollte ein Treffen aus realistischen Gründen nicht möglich sein (zum Beispiel weil sich der andere im Ausland befindet), muss auf einem Videochat bestanden werden. Ist das Gegenüber auch dazu nicht bereit, sollten alle inneren Alarmsirenen schrillen!

Ich kenne Menschen, die routinemäßig jeden Fremden überprüfen, mit dem sie im Netz zu tun haben. Ich persönlich finde das fragwürdig und zeitraubend. Hat man allerdings mit einer Person intensiveren Kontakt, und es regen sich Zweifel an ihrer Echtheit, kann eine Rückwärtsbildersuche sinnvoll sein. Dabei wird überprüft, ob die von ihr verwendeten Fotos sich schon an anderer Stelle im Internet befinden, zum Beispiel in einem fremden Social Media Account. Bleibt die Suche ergebnislos, sollte man sich nicht in Sicherheit wähnen, denn Gründe dafür gibt es viele. Von Instagram gestohlene Fotos können zum Beispiel grundsätzlich nicht gefunden werden.

Versuchen wir nicht auch, uns in heiklen Situationen im besten Licht darzustellen?

Solange Fakes nicht mit dem Ziel erschaffen werden, zu trollen oder anderen zu schaden, halte ich es für durchaus legitim, die eigene Anonymität dadurch zu wahren, dass man zum Beispiel einen falschen Namen verwendet. Die Fotos einer anderen Person als seine eigenen auszugeben ist allerdings ein absolutes No-Go.

Wie authentisch jeder Einzelne sich und sein Leben im Netz darstellen möchte, bleibt ihm überlassen. Ich denke, dass es ein sehr menschlicher Wesenszug ist, die Realität ein wenig »beschönigen« zu wollen – ganz besonders, weil das in Social Networks so einfach geht und darum die Verlockung entsprechend groß ist. Es ist allerdings fraglich, ob man sich mit solchen Schummeleien langfristig selbst einen Gefallen tut.

Verstärken die sozialen Medien Hass oder Mitgefühl? Oder macht das Netz Hass oder Mitgefühl nur deutlicher spürbar?

Soziale Medien bringen in der Regel nur ans Tageslicht, was sowieso schon in den Menschen schlummert. Im Netz prallen Personen aufeinander, die sich vermutlich unter normalen Umständen im Real Life nie begegnet wären: Soziale Herkunft, intellektuelle Unterschiede sowie differente politische Einstellungen bieten jede Menge Sprengstoff. Durch die räumliche Distanz, noch verstärkt bei Usern von Fake- oder anonymen Accounts, sinkt die Hemmschwelle rapide, sodass einige Menschen nicht einmal mehr rudimentärste Regeln einer angemessenen Kommunikation befolgen.

Wie schätzt du die Macht der Algorithmen bei unserer Kommunikation ein?

Wie diverse Studien zeigen, sind Algorithmen dazu in der Lage, Meinungen und sogar Emotionen von Usern maßgeblich zu manipulieren. Sie sind also nicht nur unsere Kommunikation betreffend ein absolut unterschätztes Problem. Zeigt man einem Menschen ausschließlich Inhalte an, die mit seinen bisherigen Ansichten konform gehen, isoliert man ihn in einer Filter Bubble. Diese tendiert dazu, Informationen, die seiner bisherigen Perspektive widersprechen, auszublenden. Permanent wird der Nutzer nur in seiner eigenen Sichtweise bestärkt. Statt ausgewogene, objektive Informationen zu liefern, schüren Plattformen damit plattes Schwarz-Weiß-Denken, was sich wiederum deutlich in Internetdiskussionen widerspiegelt.

Gibt es Momente, in denen du wegen des rauen Tons, der im Netz manchmal herrscht, ungern vernetzt bist?

Jeder sollte im Internet für sich selbst die Verantwortung übernehmen und beobachten, was ihm guttut oder ihn emotional schwächt. Ist man in einer Filter Bubble gefangen, in der fast ausschließlich pessimistische Inhalte angezeigt werden, und ist man vernetzt mit Usern, die nicht produktiv, sondern aggressiv kommunizieren, tut man eventuell gut daran, einen Cut zu machen und seine Bubble zu verlassen, einen »Blick über den Tellerrand« zu wagen.

Ich persönlich kommuniziere ausschließlich mit Menschen, die in der Lage sind, kontroverse Meinungen respektvoll zu diskutieren.

Siehst du Felder, auf denen uns das Netz empathischer macht? Gibt es Strategien, welche die Empathie im Netz fördern könnten?

Ich sehe es als riesige Chance, dass in sozialen Netzwerken Menschen aus aller Welt dichter zusammenrücken und in Echtzeit miteinander kommunizieren können. Dadurch, dass wir uns global mit anderen Usern vernetzen, deren Ängste, Freuden, Sorgen, Sichtweisen und Lebenseinstellungen kennenlernen, kann ein sehr intensiver, erfüllender Austausch entstehen, aus dem als Konsequenz ein tieferes Verständnis füreinander erwächst.

Info: Dieses Interview ist Teil einer Reihe von insgesamt 15 Interviews und wurde letzten Sommer im Rahmen eines Buchprojektes geführt.

Interview mit Christoph Kappes

Kappes_sw

Du bist Jurist und hast den digitalen Wandel als Berater mitgeprägt. Hast du Verständnis dafür, dass Medienhäuser ihre Kommentarfunktion sperren lassen?

Ja, weil es Arbeit ist und es belastet, sich beschimpfen zu lassen. Nein, weil Kritik zur demokratischen Öffentlichkeit gehört und, was viele Medienhäuser machen, reine Willkür ist. Sie fallen sogar hinter Google und Facebook zurück, was Transparenz angeht.

Manche Menschen üben Selbstjustiz im Netz und machen die sie stalkende Person öffentlich. Was spricht dafür, was spricht dagegen?

Das muss nicht auf der grünen Wiese neu erfunden werden. Hier zeigt uns glücklicherweise das Recht, was okay ist. Also okay ist es, wenn man Tatsachen behauptet, die man auch belegen kann. In diesem Rahmen glaube ich, dass es immer in Ordnung ist, wenn man Dinge publiziert, solange sie nicht verletzend sind. Da muss man sicherlich aufpassen. Deswegen habe ich grundsätzlich keine Bedenken, wenn Menschen andere beschuldigen, bestimmte Taten begangen zu haben. Ich glaube auch, dass es ein natürliches Verhalten ist, das man nicht effektiv verbieten kann. Man muss sich dann aber dessen gewahr werden, dass die Unwahrheit Konsequenzen hat.

Fotos und Wohnort ins Netz zu stellen ist aus meiner Sicht grenzwertig. Und ich glaube, das wäre jenseits der Okay-Grenze. Es gibt auch Fälle in der Politik, dass zum Beispiel Vertreter der Antifa in Hamburg AfD-Politiker mit ihren Daten öffentlich machen, oder das, was in der IT-Szene doxen genannt wird: das Veröffentlichen der Dokumente von Personen. Das geht aus meiner Sicht einen Schritt zu weit, weil es die Person nicht in ihrer Rolle lässt, die sie in dieser Funktion hat. Ich glaube, dass man in dieser Hinsicht mit gewisser Vorsicht agieren muss.

Das bedeutet, Selbstjustiz hat Grenzen. Man darf auch keine Mails oder Briefe veröffentlichen?

Ob man Briefe veröffentlichen darf, da bin ich mir nicht so sicher. Ich könnte mir vorstellen, dass auch das einer Art Briefgeheimnis unterliegt [schmunzelt], weil beide Seiten davon ausgehen können, dass es nicht ohne Weiteres veröffentlicht wird, wenn es sich nicht um öffentliche Personen handelt. Die Rechtslage ist mir jetzt ad hoc gar nicht klar. Aber sozial und ethisch ist das schon im Grenzbereich, eine Information zu veröffentlichen, bei der die andere Seite davon ausgehen kann, dass diese nicht veröffentlicht wird. Deswegen ist das Mitschneiden von Telefonaten strafbar, und deswegen gibt es ein Briefgeheimnis. Es gibt schon auch eine Kultur, dass bestimmte Kommunikationsmittel eben als Kommunikationsmittel geschützt sind.

Es gibt immer auch das Risiko, dass man in seinem eigenen Urteil – auch wenn die Wahrscheinlichkeit noch so gering ist – schiefliegt. Gerade wenn es im digitalen Raum passiert, in dem Leute mit Pseudonymen oder anonym operieren. Und wer dann andere motiviert, sich mit dem Opfer zu solidarisieren, indem man den potenziellen Täter angreift, der muss sich das auch zurechnen lassen.

Wir haben gerade so einen Fall, wenn es um Jakob Appelbaum geht. Auch bei diesem Fall sind die Meinungen im Netz sehr gespalten: Ob er Menschen schikaniert, ob er sich Frauen gegenüber übergriffig verhalten hat oder womöglich versucht hat, sie zu vergewaltigen, oder sie sogar vergewaltigt hat. Da gibt es unterschiedliche Meinungen. Die Konstellation ist natürlich schwierig, weil diese Person dann auch Schaden für den Fall ihrer Unschuld nimmt, wovor der Rechtsstaat sie auch nicht mehr schützen kann. Das kann auch das Gericht nicht mehr wirklich heilen, es bleibt immer etwas kleben.

Manche Menschen werden im Netz bei Medienkatastrophen zu Kritikern. Wie lange brauchen wir noch, bis wir im Netz nicht drauflosspekulieren oder andere belehren?

Auch mir hat es lange Zeit nicht gefallen, dass der Kritikpegel so hoch ist. Ich habe das als negativ und abstoßend empfunden. Aber heute habe ich mich mit einer etwas anderen Sicht angefreundet. Kritik kann sehr positiv sein und in Gänze auch eine Art Klärungsmechanismus darstellen. Und dass man schlecht über Sinn und Unsinn von Kritik diskutieren kann, wenn ein Medium in die Welt gekommen ist, das eben genau dies im Überschuss ermöglicht.

Deshalb weiß ich nicht, ob man die Frage überhaupt so herum stellen kann, dass man vom Übermaß der Kritik spricht. Ich glaube eher, dass sich mit dem Internet die Möglichkeit ergeben hat, dass jeder alles kritisieren kann. Dass die Dinge im Zweifel transparenter werden, als sie manche haben wollen. Also nur im Zweifel, nicht immer. Und dass Kritik ein Prozess ist, in dem man auch Aufmerksamkeit auf bestimmte Dinge steuert. Also, wo Menschen sagen: »Musste dieser Shitstorm sein, das ist doch jetzt irrelevant, und warum müssen sich noch mal 100 Leute dazu äußern, dass dieses oder jenes passiert ist?«, glaube ich, dass dieser Prozess auf einer sozialen, höheren Perspektive sinnvoll ist.

Nehmen wir ein Beispiel, bei dem ich mich auch kurz aufgeregt habe. In einem Text der Süddeutschen Zeitung machte ein Autor eine mehr als unglückliche Formulierung über kleine Menschen. Das war der Hashtag #KeinZwerg. Wo ich mich auch frage: ›Muss es jetzt sein, dass man sich den ganzen Tag auf Twitter damit beschäftigt, dass diese eine Sache so unglücklich gelaufen ist?‹ Es handelt sich aber um einen sozialen Prozess, dass Betroffene sich artikulieren und die Dinge sagen, die ihnen wichtig sind, und man eine neue gesellschaftliche Vereinbarung darüber trifft oder treffen kann, ob man kleine Menschen noch als Zwerge bezeichnen darf, wie das meine Großmutter immer sehr wohlwollend gemeint hat. Oder ob man das heutzutage eben nicht mehr tut. Also das ist auch ein Teil eines notwendigen Prozesses, dass man dann eben nicht mehr Neger oder Zwerg sagt. Der Prozess kann auch nur stattfinden, wenn er über diesen Mikro-Shitstorm zum Ausdruck gekommen ist.

Das heißt, wir brauchen manchmal einen Shitstorm im Netz?

Ja, natürlich. Ich glaube, der Anlass kann häufig ganz banal sein. Es gibt diesen berühmten Brigitte-Shitstorm, bei dem sich eine Frau darüber mokiert hat, dass 40-jährige Männer, die mit dem Longboard über Bürgersteige fahren, Frauen mit ihren Kinderwagen behindern. Das ist natürlich eigentlich nicht wirklich der Rede wert, weil es sich um einen Einzelfall gehandelt hat. An dieser Stelle kann man jetzt beliebige Standpunkte einnehmen: Man kann der Longboard fahrende Mann sein oder auch die entrüstete Mutter, die den Kinderwagen schiebt. Darum geht es aber nicht, sondern meistens geht es um die Konflikte dahinter. Es geht immer darum, neue soziale Regeln zu finden. Ist es richtig, dass man sich so verhält? Oder ist es nicht richtig? Und ich betrachte das eben so abstrakt, dass ich sage: Es gibt keinen wirklichen Knigge mehr, es gibt auch keine Institutionen mehr wie die Kirche oder die Schule, wo wir lernen, ob wir das dürfen oder ob wir das nicht dürfen. Also wir machen es im Leben eben, und dann geht es manchmal schief. Ich bin ja fast froh darum, dass es jetzt das Internet gibt, wo man im konkreten Shitstorm immer diskutieren kann, ob ich als 40-jähriger Mann mit dem Longboard einfach völlig ohne Grund auf dem Bürgersteig herumrasen darf oder nicht. Oder ist es okay, wenn ich ein zweijähriges Kind mit auf die CeBIT nehme? Das war ein anderer Shitstorm.

Wenn ein Popstar oder eine berühmte Person gestorben ist, trägt das Netz meistens ein bis zwei Tage Trauer. Ist unsere Trauer im Netz an dieser Stelle echt?

Ich weiß nicht, ob man das verallgemeinern kann. Es gibt sicherlich Fans von Stars – also das, was man in der Medienwissenschaft auch parasoziale Interaktion nennt, dass man eine emotionale Beziehung zu einer Figur entwickelt, die man gar nicht persönlich kennt. Oder die es so vielleicht gar nicht gibt. Wo genauso wie der Aufbau der Bindung und die Vorstellung von dieser Person eine Projektion ist, wie umgekehrt der Akt, wenn sie stirbt, eben auch ein emotionaler Ablösungsprozess ist. Das wäre aus meiner Sicht völlig naheliegend. So, wie eine übermäßige Bindung eines Fans an eine projizierte Figur stattfindet wie an Michael Jackson, um ein Beispiel zu nennen, dass der Gegenprozess, wenn sich das Ganze auflöst, auch mit entsprechendem emotionalem Aufwand geschieht.

Ich finde es naheliegend, dass dies echt ist. Nur weil es medial vermittelt ist, ist es ja nicht unecht. Es gibt aber sicherlich auch Ansteckungseffekte, wenn eine gewisse Anzahl von Kontakten auf eine bestimmte Art und Weise kommuniziert, sodass Menschen in ihrem Meinungsbild umkippen und dann auch anfangen mitzumachen. Das sieht man übrigens auch in der physischen Kohlenstoffrealität, wenn Leute anfangen, Deutschland-Fähnchen auf die Autos zu stecken, obwohl ihnen Fußball völlig egal ist und vielleicht auch Deutschland. Sie machen es dann einfach, weil man es tut. Also, was daran jetzt authentisch ist, das vermag ich nicht zu beurteilen, und ich bin ohnehin skeptisch, ob der Begriff der Authentizität zu irgendetwas tauglich ist. Weil er immer unterstellt, dass etwas anders ist, als es aussieht. Aber das kann man von außen ja nicht mit letzter Sicherheit erkennen.

Verstärken die sozialen Medien Hass oder Mitgefühl? Oder macht das Netz Hass oder Mitgefühl nur deutlicher spürbar?

Es gibt Leute, zu denen auch ich gehöre, die dazu neigen zu sagen: Hier wird einfach nur etwas sichtbar, was ohnehin schon da ist. Wenn es zum Beispiel darum geht, rechtsextreme Einstellungen der Bevölkerung im Internet wahrzunehmen, so glaube ich, dass diese vorher schon da waren. Das ist das eine. Natürlich gibt es dann wiederum auch Verstärkungseffekte, dass sich Positionen, wenn sie erst einmal in der Welt sind, fortpflanzen. Und das Üble ist, dass bestimmte Dinge, die sozial bewusst stigmatisiert sind, also das Unsagbare, dass wenn das Unsagbare gesagt ist, die Grenze nach vorne verschoben ist. Ich will jetzt gar kein Beispiel nennen, weil ich dann das Unsagbare sagen würde. Aber eine gewisse Art von Tabuisierung ist eben sozial und kommunikativ auch wichtig: dass man bestimmte Wörter nicht gebraucht und dass man über bestimmte religiöse und soziale Gruppen nicht auf eine bestimmte Art und Weise spricht. Wenn man diese Grenze überschreitet, dann hat das eine gewisse Ansteckungskraft.

In dieser Situation wirkt das Netz verstärkend, weil es durch die Schriftlichkeit die Dinge dauerhaft macht, die sonst verschwunden sind. Also was man um zwei Uhr nachts halb angetrunken in der Kneipe sagt, ist ja bei allen Beteiligten einen Tag später schon wieder vergessen. Das ist beim Internet nicht so. Es bleibt durch die Schriftlichkeit bestehen, und es wird dann leider auch sichtbarer, weil der Kritikmechanismus, der dann ansetzt, eben auch noch einmal die Aufmerksamkeit verstärkt. Ich sage immer, dass Kritik eigentlich Hotspots setzt. Also Kritik an bestimmten Kommentaren, Diskussionen markiert in einem unübersichtlichen Raum von Millionen von Interaktionen die Stellen, die wichtig sind. Das sind Punkte, die unsere Gesellschaft klären muss oder bei denen sie Konflikte hat. Es gibt ja auch in der Soziologie die Konflikttheorie, die eben die Gesellschaft über ihre Konflikte beschreibt.

Wie schätzt du die Macht der Algorithmen bei unserer Kommunikation ein?

Ich tue mich sehr schwer damit, Algorithmen Subjekteigenschaften zuzusprechen. Algorithmen als solche handeln nicht. Oder ich sage mal anders: Autos handeln nicht, trotzdem führen ihre Existenz und ihre Benutzung kausal dazu, dass es Verkehrstote gibt. Zurechnen tue ich das aber entweder den Autofahrern oder den Produktherstellern. In dieser Situation bin ich der Jurist, der sich weigert, ein physisches oder ein gedachtes Ding verantwortlich zu erklären.

Algorithmen sind nötig, sie kommen in verschiedenen Ausprägungen vor. Wir haben sie bei Google, und ohne Google wäre das Internet praktisch unbenutzbar. Bei aller Google-Kritik vergessen viele Leute sich vorzustellen, was passieren würde, wenn es keine Suchmaschine gäbe. Oder was passieren würde, wenn eine Suchmaschine keine Relevanzgewichtung vornehmen würde, sondern die Treffer zum Beispiel chronologisch ausgeben würde. Dann hätten wir einen Internetindex von 1994 mit kaputten Links auf der ersten Ergebnisseite. Dort sind Algorithmen einfach nötig.

Eigentlich ging es bei ihr nur um die Beobachtung, dass bestimmte Personen mit bestimmten politischen Positionen aufgrund des Algorithmus – indem er auf bestimmte Engagements aufsetzt wie Likes, Shares und Kommentare –, zu einer gewissen Veränderung der neu einfließenden News führt. Mehr sagt die Filter Bubble nicht. Sie sagt nicht, dass Menschen jetzt nur noch eines konsumieren, denn es gibt Bereiche, die ohne solche Algorithmen funktionieren. Alles außerhalb von Facebook ist ohne. Und es gibt auch gegenläufige Effekte, die Eli Pariser gar nicht thematisiert hat. Beispielsweise sehe ich, wenn aus meinem – vielleicht sogar extrem homogenen – Freundeskreis jemand anderes an einer für mich unerwarteten Stelle Kritik äußert. Dann sehe ich diese Kritik, weil es ein Kontakt zweiten Grades ist, genauso, wie es umgekehrt passiert. Also ich glaube, es gibt auch gegenläufige Effekte, über die bisher niemand gesprochen hat, die diese Filter Bubble wieder öffnen. Das Problem der Echokammern ist größer. Weil es Probleme in Weltanschauungen gibt, die sich gegen rationale Argumentation und gegen Kritik immunisieren. Das findet sich unter anderem in der ganzen rechtspopulistischen Ecke, in der gerne Verschwörungstheorien genannt werden oder bestimmte Dinge erst recht falsch sein sollen, weil sie ja überall behauptet werden. Stichwort: Lügenpresse. Man markiert im Grunde ein ganzes Mediensystem als grundsätzlich verlogen. Das gibt es aber auch bei Ideologien oder bei bestimmten politischen Positionen, dass man sich gegen Argumente von außen immunisiert.

Ein Beispiel ist der sogenannte Whataboutism, über den viele Menschen stolz sind, ihn vor einigen Jahren entdeckt zu haben. Die Argumentation mit Whataboutism ist mir grundsätzlich verdächtig, weil sie eine Diskussion abschneidet, statt eine These der anderen Seite weiterzuverfolgen. Nehmen wir mal ein Beispiel von Whataboutism: Ich sage, die Currywurst ist zu scharf, daraufhin sagt jemand anderes: Aber Chili con Carne ist doch auch scharf. Da würde man tatsächlich als rational denkender Mensch sagen, was hat denn jetzt um Himmels willen die Currywurst mit Chili con Carne zu tun? Es steht ja auch die Currywurst auf dem Tisch und nicht Chili con Carne. Aber ich glaube, dass man dies wohlwollend als Vergleichsversuch interpretieren und jetzt klären muss, ob der Vergleich gerechtfertigt ist oder nicht. Statt das von vornherein abzuwehren und zu sagen: Das ist Whataboutism, und mit dir rede ich nicht. Das sind die Probleme. Ich glaube eher, dass es ideologische Schutzmechanismen in den Argumentationen sind, die zu Verschließungen und Echokammern führen.

Gibt es Momente, in denen du wegen des rauen Tons, der im Netz manchmal herrscht, ungern vernetzt bist?

Ja, die gibt es häufig. Ich sage aber nicht, dass ich das mal zumache. Das ist keine aktive Entscheidung. Ich mache dann einfach etwas anderes, wie ich auch im Tagesablauf keine aktive Entscheidung treffe, das Essen einzustellen, sondern mich dem Spazierengehen widme.

Das sind Prozesse, die laufen ab, ohne dass man größere rationale Diskussionen mit sich selbst führt. Also wenn es mir zu doof wird, mache ich eben etwas anderes. Ich frage mich häufiger nach dem Sinn dessen, was ich da tue. Wobei ich mich immer damit herausreden kann, dass es mir ja beruflich hilft und ich gewissermaßen forsche, wenn ich bestimmte Beiträge poste.

Häufig erscheinen mir Diskussionen auch sinnlos, gerade wenn ich das Gefühl habe, dass einige der Teilnehmer die Diskussionen sehr dominieren, aber eigentlich vom Thema wegführen. Das ist meine milde Formulierung für Whataboutism. Also es ist schwer, ein Thema auf einem Punkt zu halten. Das ist aber vielleicht auch ein Anspruch, den man nur noch in der alten Printpresse und als alter weißer Mann hat, weil es eben ein gemeinschaftlicher Diskursprozess ist, bei dem ich keine Herrschaftsansprüche stellen kann. Ich kann den Anschluss anderer ja weder voraussehen noch garantieren. Es geschieht, wie es geschieht.

Stimmst du der These zu, dass wir durch die Kommunikation im Netz gefühlsmäßig abstumpfen? Warum/warum nicht?

Auf die Frage gibt es verschiedene Antworten. Spontan würde ich sagen, dass bestimmte Themen zumindest in der Twitter- und Facebook-Bubble, in der ich mich befinde, deutlicher sichtbar werden. Beispielsweise wenn es um psychische Krankheiten und Befindlichkeiten geht. Also wenn Menschen ihre Depressionen zum Thema machen oder wenn Autisten diskutieren, wie sie behandelt werden wollen. Oder auch der neueste Versuch, Hass mit Liebe zu bekämpfen, ein Vortrag auf der re:publica, den ich ja ganz süß finde, weil die Leute gar nicht merken, dass Jesus das schon gesagt hat.

Bei all diesen Beispielen geht es um Emotionen, die vorher nicht unbedingt sichtbar waren. Also zumindest hat sich die Tageszeitung nicht mit dieser Art von Emotion präsentiert. Wir haben es auch mit persönlicher Betroffenheit zu tun, die artikuliert wird, und wir haben es mit vielen persönlichen Lebensgeschichten zu tun, die sich hier und dort zeigen. Obwohl auch vieles verdeckt wird. Auch die Lebenswelten anderer Personen werden über Massenmedien traditionell nicht so sehr transportiert. Bis dahin würde ich sagen, es ist eher gegenteilig. Ich sehe mehr Menschen, die sich artikulieren, es gibt kulturelle Entwicklungen wie Memes, wie animierte Gifs, wie Emojis oder auch Formate wie Snapchat, die das noch einmal verstärken.

Umgekehrt kann man sich fragen, ob es hilft, dies ins Konstruktive zu wenden, weil die öffentliche Anteilnahme durch Veränderungen des Avatar-Bilds eben die allerleichteste Übung ist. Das sagen ja auch die Clicktivismus-Vorwürfe einiger anderer Debattenteilnehmer, und vielleicht ist die veröffentlichte Anteilnahme auch ein relativ einfacher Substitutionsversuch, anstatt wirklich etwas zu verändern. Also – plakativ gesagt – vielleicht ist der eine oder andere Refugee-Sticker ja auch eher eine Beruhigung dafür, dass man den Weg zum Flüchtlingscamp eben nicht nimmt.

Ich sehe eine leichte Tendenz dafür, dass die Emotionalisierung durch die Kommunikation im Netz verstärkt wird. Die Frage ist, ob sie ins Konstruktive gewendet werden kann oder ob sie im Nichts verläuft.

Siehst du Felder, auf denen uns das Netz empathischer macht? Gibt es Strategien, welche die Empathie im Netz fördern könnten?

Es gibt natürlich Aktionen, bei denen Leute sagen »Hier bin ich, ich brauche Geld« und tatsächlich auch viel Mitgefühl erfahren und einiges an Geld gesponsert bekommen. Das sind Beispiele dafür, dass Menschen in Not auch geholfen wird.

Was die Strategien angeht: Ich schätze Menschen, die Ideale haben. Aber es wären nicht Ideale, wenn sie die Realität wären. Hier geht es eigentlich darum, dass Menschen etwas verändern wollen. Das ist ja grundsätzlich etwas, das ich nicht verurteilen möchte. Ich glaube auch, dass es solche Strategien gibt. Ich bin nur mit dem Begriff Hass in diesem Zusammenhang vorsichtig, weil Hass für mich psychologisch der reine, auf Vernichtung der fremden Psyche gerichtete, Wille ist, und manches, was unter Hass subsumiert wird, für mich nicht dazugehört. Aber wenn sich beispielsweise Bürger aus der sogenannten Mitte der Gesellschaft stärker artikulieren würden, statt sich dezent zurückzuhalten, wäre dies sicherlich eine sinnvolle Strategie.

Ich glaube, dass man das Schweigen, das Weggucken, das Ignorieren brechen muss. Auch wenn es schwierig ist, auch wenn es manchmal die Dinge noch schlimmer macht. Ich habe das selbst in Netzdiskussionen erlebt, dass ich anfange, mit Leuten, die abstruse Positionen vertreten, zu diskutieren. Und ich sehe, dass die anderen ihre Positionen natürlich nicht ad hoc verändern – das wäre auch naiv, das zu erwarten – und am Ende die ganze Diskussion von ihnen dominiert wird und ich nur noch dabei bin, ihre absurden Verschwörungstheorien abzuwehren. Das ist tatsächlich die Realität. Aber ich glaube, es ist auch wichtig, dass andere sehen, dass ich hier eine Gegenposition beziehe und diesen Quatsch nicht so stehen lasse.

Also jeder Versuch, Strategien zu entwickeln, ist grundsätzlich lobenswert. Es ist nur die Frage, mit welchem Anspruch man an die Sache herangeht. Ich glaube, dass man dies durch bestimmte Netzkampagnen nicht mal eben kurz ändert. Diese Vorstellung erscheint mir etwas naiv. Das sind Jahrzehnte dauernde Prozesse, und man muss sich darüber im Klaren sein, dass man den Stein betropft, sonst hat man wieder die Frustration, und dann kommen ein Jahr später die Artikel, dass die Liebe nicht geholfen hat.

Ich glaube auch, dass man die negativen Gefühle und die negativen Äußerungen nicht unbedingt als Ganzes verdammen sollte. Für mich gehören diese zum Leben dazu. Gerade ist in der taz ein Aufsatz erschienen, in dem dafür plädiert wird, den Hass nicht vollständig zu dämonisieren. Es gebe bestimmte psychische Gründe, weshalb man eben diese Emotionen habe, zum Beispiel auch, um eine entsprechende zielgerichtete Aggression und Motivation aufzubauen. Das Gefühl als solches beruht auf Ursachen und lässt sich nicht einfach auslöschen oder unterdrücken. Es ist also eher die Frage, wie man es umwandelt in eine konstruktive Emotion oder in irgendeine Art von Lösung.

Info: Dieses Interview ist Teil einer Reihe von insgesamt 15 Interviews und wurde letzten Sommer im Rahmen eines Buchprojektes geführt.

Interview mit Jasmin Schreiber

JasminSchreibersw

Info: Dieses Interview ist Teil einer Reihe von insgesamt 15 Interviews und wurde letzten Sommer im Rahmen eines Buchprojektes geführt.

Du warst Undercover bei Facebook in rechten Gruppen unterwegs. Was war deine Motivation?

Meine Motivation war pure Neugier. Ich hab das jetzt nicht als Journalistin gemacht, sondern hatte gerade viel über rechten Hass von Pegida & Co. in Facebook-Gruppen gelesen. Da wollte ich mir einfach anschauen, ob es wirklich so massiv ist und inwieweit die Hemmungen gefallen sind, sich öffentlich rassistisch und menschenverachtend zu äußern.

Welche Rückschlüsse konntest du aus diesem Experiment ziehen?

Ich stellte fest: Es ist wirklich schlimm. Während man solche rechten Hetzreden früher nach fünf Bier am Stammtisch mit seinen drei besten Freunden vom Stapel gelassen und hinterher auf den Suff geschoben hat, erfährt man nun tausendfache Bestätigung. Diese Menschen leben in ihrer Filterblase und lassen sich durch den Output konspirativer Blogs und AfD-Statements berieseln. Sie fühlen sich wie im Kriegszustand und haben das Gefühl, sich verteidigen zu müssen. Gegen Flüchtlinge, gegen Homosexuelle, gegen Karrierefrauen und Feministinnen, kurz und gut: gegen alle, die anders sind.

Gibt es auch etwas, das dich überrascht hat?

Einerseits, dass diese wirklich harten Parolen nicht nur von harten Skinheads abgelassen werden, sondern von Leuten, die man beim Einkaufen trifft und die einem dort sympathisch wären. Das hat mich dann doch schockiert. Auch dass sie so ungehemmt hetzen und wirklich davon überzeugt sind, »die Wahrheit« zu kennen, unterdrückt und im Recht zu sein.

Wie vernetzen sich rechte Gruppen bei Social Media?

Das geht ganz einfach. Die Gruppen haben einschlägige Namen wie »Heimatliebe«, irgendwas mit »Vaterland« und Co., alles so typische Buzzwords. Wenn man so einer Gruppe beitritt, erhält man sofort massenhaft Freundesanfragen und parallel dazu Nachrichten wie »Wir Patrioten müssen zusammenhalten« und Co. Es wird also sofort versucht, einen auf sozialer Ebene – und damit auch emotionaler Ebene – zu integrieren. Man bekommt Fotos der Haustiere geschickt und parallel dazu Videos, wo arabisch aussehende Männer Tiere quälen. Da werden Fotos der Kinder und Enkel gepostet, und dazwischen findet man etliche Hetzartikel und Hass-Postings. Man taucht in eine Welt ein, die unglaublich negativ ist. Die Menschen in den Gruppen versuchen, bei den Neuen Angst zu schüren und sie zu radikalisieren. Diese massive »Integration« in dieses Sozialgefüge hat schon etwas Sektenartiges.

Welche Verantwortung haben Unternehmen wie Facebook oder YouTube, um gegen »Hate Speech« vorzugehen?

In meinen Augen müsste hier viel stärker reguliert werden. Das, was in den Gruppen abläuft, ist in meinen Augen nicht einmal mehr ansatzweise von der Meinungsfreiheit gedeckt. Die Unternehmen winden sich da ziemlich raus. Ohne Social Media hätten diese Hetzer in meinen Augen kaum Rückhalt und hätte das alles nicht so dermaßen an Fahrt aufgenommen. Außerdem habe ich mich gewundert: Wenn ich hier so einfach in dieses Netzwerk einsteigen kann, weshalb macht das die Polizei nicht? Schon in einer Gruppe könnte man einen Beamten quasi dauerbeschäftigen. Aber irgendwie passiert da gefühlt nichts.

Verstärken die sozialen Medien Hass oder Mitgefühl? Oder macht das Netz Hass oder Mitgefühl nur deutlicher spürbar?

Die sozialen Medien wirken meiner Meinung nach auf jeden Fall gefühlsverstärkend – einfach dadurch, dass man oft unbemerkt in einer Filterblase sitzt und 24/7 mit ganz bestimmten Meinungen zugeschmissen wird. In dieser Woche fand ich die Stimmung in den rechten Gruppen wahnsinnig bedrückend, es hat mich total runtergezogen. Und bei vielen Leuten hat man gesehen, wie sie innerhalb weniger Tage von gemäßigten Meinungen in immer extremere Gefilde abdrifteten. Einfach dadurch, dass sie so viel fremdenfeindlichen Content vorgesetzt bekamen. Irgendwann war das für sie die neue Realität.

Wie schätzt du die Macht der Algorithmen bei unserer Kommunikation ein?

Sehr hoch. Algorithmen beeinflussen das, was wir jeden Tag vorgesetzt bekommen. Dadurch, dass ich diese rechten Gruppen geliked und mich mit rechts eingestellten Leuten befreundet habe beziehungsweise von ihnen befreundet wurde, wurden mir – darauf basierend – immer mehr rechte Facebook-Seiten, Menschen, Links und Gruppen vorgeschlagen. Ich habe genug Erfahrung mit Medien und Co., um mir bewusst zu sein, in einer Filterblase zu sitzen, und ich durchbreche diese, indem ich eben auch Leuten und Organisationen folge, deren Meinung ich nicht teile. Aber ich denke, das machen die wenigsten. Die meisten lassen sich unbedarft vom Algorithmus treiben – und wenn die Gesellschaft Pech hat, landen sie rechts von uns und sind überzeugt davon, dies sei die ungefilterte und knallharte Wahrheit.

Gibt es Momente, in denen du wegen des rauen Tons, der im Netz manchmal herrscht, ungern vernetzt bist?

Ich finde es schon heftig, wie vor allem Frauen mit großer Followerbase und entsprechendem Einfluss oft angegangen werden. Da ist von platten Beschimpfungen bis zu Vergewaltigungsandrohungen und -wünschen alles dabei. Und auch sonst kann eigentlich jeder zur Zielscheibe werden; im Netz wird ungehemmt gehasst. Viele verstecken sich hinter tatsächlicher oder vermeintlicher Anonymität. Das kann schon schlauchen. Ab und zu nehme ich mir dann eine Offline-Pause, wenn mich das zu sehr nervt.

Siehst du Felder, auf denen uns das Netz empathischer macht? Gibt es Strategien, welche die Empathie im Netz fördern könnten?

Das Netz ermöglicht uns, Menschen in bestimmten Situationen zu treffen, was man sonst vielleicht nie könnte. Wenn ich in einem 20-Seelen-Dorf in Franken lebe, ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich eine Transgender-Person treffe, gering. Im Netz habe ich aber die Möglichkeit, auf solche Menschen zu treffen und mich mit ihnen auszutauschen. Ich bin überzeugt davon, dass so etwas zu unserer Empathiefähigkeit beiträgt. Ohne das Internet wüssten wir auch gar nicht so gut über das Leid der Flüchtlinge oder die kritische Situation in der Türkei Bescheid. Außerdem finde ich es schön, wie sich viele Menschen mit Leuten, die durch Hate Speech bedroht werden, solidarisieren, sie unterstützen und versuchen, die Opfer emotional aufzufangen. Das finde ich großartig.

Info: Dieses Interview ist Teil einer Reihe von insgesamt 15 Interviews und wurde letzten Sommer im Rahmen eines Buchprojektes geführt.

Interview mit Simon Hegelich

SHegelich_swDu arbeitest als Professor für Political Data Science an der Hochschule für Politik der Technischen Universität München und beschäftigst dich mit Social Bots und dem Thema der künstlichen Intelligenz. Würdest du dich als Cyborg bezeichnen?

Nein. Ich denke zwar, dass die Grenzen zwischen Mensch und Technik nicht starr sind und derzeit aufgelöst werden. Ich selbst fühle mich aber noch sehr menschlich.

Wie wahrscheinlich ist es, dass die Technik eines Tages in unsere Sinne eingespeist wird?

Das werden wir mit Sicherheit schon sehr bald erleben. Die Firma MagicLeaps entwickelt zum Beispiel einen Ansatz, bei dem Computerbilder direkt auf die Netzhaut projiziert werden. Angeblich kann man dann nicht mehr zwischen virtuellen Illusionen und der Wirklichkeit unterscheiden.

Wir führen unsere Beziehungen mittlerweile digital. Wie werden wir in 30 Jahren Liebesbeziehungen führen? Wird unser Mitgefühl darunter leiden?

Mitgefühl bedeutet ja, das man mit jemand anderem fühlt. Ich sehe keinen Grund, warum wir nicht auch gegenüber Maschinen Mitgefühl entwickeln können. Was den Blick in die Zukunft anbelangt: Ich denke, wir erleben derzeit so viele disruptive Umbrüche, dass niemand in der Lage ist, auch nur die nächsten fünf Jahre vernünftig abzuschätzen. In 30 Jahren werden wir aber – so hoffe ich – echte künstliche Intelligenz haben, also Maschinen mit Bewusstsein. Eigentlich wäre also die Bezeichnung »künstlicher Geist« besser, denn Bewusstsein muss nicht unbedingt mit einer überlegenen Intelligenz einhergehen beziehungsweise das Konzept der Intelligenz ist eh sehr fraglich.

Wie wahrscheinlich ist es, dass wir uns eines Tages in Roboter verlieben und heiraten?

Verlieben: Warum nicht? Wenn er einen angenehmen Charakter entwickelt. Heiraten? Eher nicht. Das würde Rechtsgleichheit von Mensch und Roboter unterstellen.

Sollte uns ein »künstlicher Geist« Angst machen? Oder dürfen wir uns darauf freuen?

Es gibt für mich keinen Grund anzunehmen, warum eine Maschine, die uns im Denken überlegen ist, grausamer sein sollte als ein Mensch. Ich glaube daher, das wird ziemlich cool. Angst sollten uns allerdings die Menschen machen, die »künstliche Intelligenz« jetzt schon für ihre ökonomischen und militärischen Zwecke nutzen wollen.

Verstärken die sozialen Medien Hass oder Mitgefühl? Oder macht das Netz Hass oder Mitgefühl nur deutlicher spürbar?

Ich denke, es gibt gegenläufige Effekte: Im Netz können sich Stimmungen hochschaukeln, sodass Hass und Mitgefühl verstärkt werden. Gleichzeitig wissen wir aber auch, dass die berühmten Shitstorms sehr schnell abebben. Es tritt also vermutlich auch ein Gewöhnungseffekt ein, sodass Hass und Mitgefühl auch gleichzeitig geschwächt werden.

Wie schätzt du die Macht der Algorithmen bei unserer Kommunikation ein?

Unsere Kommunikation wird immer stärker durch Algorithmen bestimmt. Was ich bei Google, Facebook und so weiter angezeigt bekomme, ist stark von Algorithmen abhängig. Dazu kommt: Diese Algorithmen werden nicht völlig offengelegt, weil man sie ansonsten manipulieren könnte. Beispiel Google: Die Reihenfolge der Suchergebnisse wird stark durch den »PageRank« bestimmt. Diesen Algorithmus muss man sich vorstellen wie einen gigantischen Webcrawler, der immer, wenn er auf eine Seite kommt, sich zufällig einen Link herauspickt und dem dann folgt. Dabei zählt er, wie oft welche Seite besucht wird. Wenn ich das weiß, kann ich zwei Seiten bauen, die gegenseitig aufeinander verlinken. Der Crawler wird dann immer von der einen auf die andere Seite geleitet, und Google würde glauben, die Seite sei sehr beliebt – wenn sie nicht ihren Algorithmus angepasst hätten, um solche Manipulationen zu verhindern. Dadurch wissen aber heute nicht mal mehr Experten, wie diese Algorithmen genau funktionieren.

Aber: Ich habe im Internet alle Freiheit, auch auf eine Seite zu gehen, die Google mir nicht vorschlägt. Damit etwas gefährlich wird, braucht es also auch immer Nutzer, die sich selbst von den Algorithmen abhängig machen.

Gibt es Momente, in denen du wegen des rauen Tons, der im Netz manchmal herrscht, ungern vernetzt bist?

Ja. Aber es gibt auch viele Momente, in denen ich ungern in einer Kneipe oder im Fußballstadion bin.

Siehst du Felder, auf denen uns das Netz empathischer macht? Gibt es Strategien, welche die Empathie im Netz fördern könnten?

Ich glaube schon, dass das Netz vom Grundsatz her eher zu Empathie als zu Hass beiträgt. Je mehr ich über andere weiß, umso mehr Gründe habe ich, mit ihnen zu fühlen. Die beste Strategie für mehr Empathie im Netz ist es, die Konflikte in der echten Welt zu lösen.

Info: Dieses Interview ist Teil einer Reihe von insgesamt 15 Interviews und wurde letzten Sommer im Rahmen eines Buchprojektes geführt.