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Interview mit Jennifer Jäger

Jennifer JägerWer bist du und was macht du?

Mein Name ist Jennifer Jäger und ich schreibe Bücher – zumindest sage ich das meinen Besuchern, wenn sie meinen chaotischen Schreibtisch betrachten.

Dein aktueller Fang?

Ich würde gerne ganz egoistisch mein eigenes Projekt vorstellen: Die gemeinsamen Schreibnächte. Hierbei geht es um eine Vernetzung zwischen Selfpublishern und Verlagsautoren, Anfängern und Profis. Einmal im Monat setzen wir uns virtuell zusammen und hauen gemeinsam in die Tasten. Hierfür haben wir sogar ein eigenes Forum. Bisher habe ich viel positives Feedback für dieses Projekt bekommen und ich werde sicherlich so schnell nicht aufgeben.

Wir medienfische kennen uns noch nicht so richtig mit dem Selfpublishing aus: Aus welchen Gründen entscheidet man sich als Autor dafür?

Ich denke, dafür kann es viele Gründe geben: Verlagsabsagen, Ungeduld, Überzeugung – um einige zu nennen, die mir spontan einfallen. Wer häufig Absagen einstecken musste, kann sein Buch heutzutage selbst veröffentlichen. Wer nicht monatelang auf Antworten warten möchte, kann sein Buch sofort zum Verkauf einstellen. Und wer sich gerne selbst vermarktet, die richtigen Leute an der Hand hat und sich viel zutraut, der kann mit seinem Namen eine Marke aufbauen.

Und wie findet man deiner Meinung nach als angehender Autor die richtige Plattform?

Für mich war es wichtig, dass ich meine Leser auf einer persönlichen Ebene ansprechen kann. Deshalb habe ich auf Facebook, BookRix und meinen Blog gesetzt: Möglichkeiten, um direkt mit den Lesern in Kontakt zu treten. Für mich ist direktes Feedback sehr wichtig.

Wie sind deine Käufer im Netz auf dich aufmerksam geworden?

Die Internetcommunity BookRix hat mir dabei sehr geholfen. Dort war ich aktiv unterwegs, habe die Bücher anderer Jungautoren kommentiert, mir so ein kleines Netzwerk aufgebaut und sogar meine Covergestalterin auf diesem Weg gefunden. Ehrliches Interesse an Anderen hilft einem meiner Ansicht nach viel eher weiter als „Spam“ in Facebook-Gruppen. Deshalb lese ich auch viele Bücherblogs und stehe mit deren Betreibern in Kontakt. Einerseits, weil ich diese Personen sehr schätze, andererseits weil ich ihre Blogs einfach gerne lese.

Wie wichtig ist Marketing für Autoren im Netz? Die meisten Autoren haben mit Marketing wahrscheinlich nicht viel am Hut, oder?

Meinen Erfahrungen nach unterschätzen viele Autoren den Einfluss des Internets auf ihre Marketingmöglichkeiten. Durch Mundpropaganda verbreiten sich Inhalte rasend schnell in sozialen Netzwerken. Das kann natürlich auch mal nach hinten losgehen, wenn ein Autor sich im Netz unbedacht äußert. Hier birgt das Internet sicherlich viele Risiken, die nicht jeder einschätzen kann. Die erfolgreichen Selfpublisher haben die Mechanismen verstanden und verkaufen deshalb so viele Bücher.

Marketing ist für dich …

das Produkt aus Kundensicht zu sehen.

Was ist für dich der wesentliche Unterschied zwischen Crowdfunding und Selfpublishing?

Im klassischen Selfpublishing muss man auf sich selbst vertrauen und alles selbst finanzieren. Beim Crowdfunding wird ein Projekt von begeisterten Lesern subventioniert. Selfpublisher, die eine entsprechende Community besitzen, können allerdings bestimmt mit Crowdfunding erfolgreich ihr nächstes Projekt finanzieren, ohne selbst in Vorkasse gehen zu müssen.

Interview mit Tobias Gillen

tobiasgillenWer bist du und was machst du?

Mein Name ist Tobias Gillen, ich arbeite von Köln aus als freiberuflicher Medien- und Technikjournalist für mehrere Print- und Online-Medien. Zudem bin ich seit kurzer Zeit stolzer E-Book-Autor mit meinem E-Book „Verschlüsselt! Wie ich sichere Kommunikation im Netz lernte“. Ansonsten genieße ich meine Freizeit am Rhein, halte schöne Momente gerne fotografisch fest und freue mich aktuell, euch Rede und Antwort stehen zu dürfen, liebe medienfische.

Dein aktueller Fang?

Mein aktueller Fang ist sicherlich mein E-Book über verschlüsselte E-Mail-Kommunikation, sicheres Surfen und bombenfeste Passwörter. Weniger neu, aber dafür auch aktuell, darf ich meinen Blog natürlich nicht vergessen, der mich ständig begleitet und mir Raum gibt, Gedanken und Ideen zu veröffentlichen.

Wie bist du darauf gekommen, ein E-Book wie „Verschlüsselt!“ zu schreiben?

Ehrlich gesagt ist das meinem schlechten Gewissen geschuldet. Im Zuge des Geheimdienst-Skandals ist mir bewusst geworden, dass ich Auftraggebern, Kollegen und Informanten überhaupt keine Möglichkeit gegeben habe, mich verschlüsselt zu kontaktieren. Als Technik-Journalist sollte es für mich wohl ein leichtes sein, so etwas wie PGP oder S/MIME einzurichtet – weit gefehlt. Und genau so ist mein E-Book auch geschrieben: Sehr ehrlich, von einem Anfänger für Anfänger. Die Resonanz darauf zeigt: Ich bin nicht allein.

Warum sollten wir unsere Mails überhaupt verschlüsseln?

Diese Frage bekomme ich seit der E-Book-Veröffentlichung häufiger gestellt. Gegenfrage: Warum sollten wir es nicht tun? Einmal eingerichtet, braucht es nur ein paar Klicks und man kann eine sensible Nachricht schon wirksam vor neugierigen Blicken schützen (sicher nicht vor allen, aber vor einigen). Die NSA-Enthüllungen haben doch eins gezeigt: Für unsere Privatsphäre müssen wir schon selbst sorgen, das macht keine Regierung für uns.

Leben wir nicht längst alle Post-Privacy? Passt das zusammen: Post-Privacy leben und Mails verschlüsseln?

Nur weil wir heute vielleicht mehr von uns preisgeben als noch vor ein paar Jahren bedeutet das ja nicht gleich, dass wir keine Geheimnisse mehr haben oder sensible Daten von A nach B geschickt werden müssen. Demnach: Natürlich passt das zusammen.

War für dich von Anfang an klar, dass es ein E-Book werden soll?

Nein, ursprünglich war es als Artikelserie geplant. Aber mit der Zeit zeigte sich, dass das Ding Potenzial hat, für viele Leute eine Anleitung zu werden, die man lieber an einem gesammelten Ort hat als in zehn Teilen verteilt im Internet. Außerdem war es für mich dann auch ein Experiment um zu sehen, ob sich das Selfpublishing für uns Journalisten lohnen kann und wie man mit all den Aufgaben (Vermarktung, Konvertierung, etc.) alleine klar kommt.

Wie viele Seiten sollte ein E-Book deiner Meinung nach mindestens haben?

Na das ist pauschal nicht zu sagen. So weit ich weiß sehen die Leser einen Preis von 2,99 Euro für ca. 100 Seiten auf einem Kindle als gerechtfertigt an. Ich habe mich daran nicht orientiert, es war fertig, als es fertig war. Und der Preis ist mit 2,99 Euro so niedrig, dass er keine große Hürde darstellt und das Buch auch gelesen wird. Auf der anderen Seite ging es aber auch nicht billiger, weil Amazon ansonsten statt 30 Prozent satte 65 Prozent der Einnahmen verlangt.
Aber noch mal zu deiner Frage: Was spricht dagegen, wenn jemand einen schönen Gedichtband mit 20 Gedichten hat, nur 20 Seiten zu veröffentlichen? Es gibt keine Grenzen, wir haben keinen Verlag im Rücken und alle Freiheiten.

Was erwartest du in den nächsten Jahren konkret vom Selfpublishing? Werden wir uns alle wieder beruhigen oder geht’s jetzt erst richtig los?

Also so aufgeregt finde ich es gar nicht. Dass wir uns mit Blogs eine Stimme verschaffen, wird sich sicher nicht irgendwann wieder legen als sei es eine Modeerscheinung gewesen. Und auch im E-Book-Markt ist noch eine ganze Menge Luft nach oben – auch und insbesondere in Deutschland.

Was hältst du von einer Mischung aus Crowdfunding und Selfpublishing? Und wie gut/schlecht ist es gegenüber der Crowd, das Buch danach einem normalen Verlag anzubieten?

Der Vorteil beim Crowdfunding ist natürlich, dass man ein aufwendiges Projekt vor der Arbeit erst einmal auf den Prüfstand stellen kann: Interessiert es die Leute? Wie ist die Resonanz? Würden Menschen wirklich Geld dafür ausgeben oder investieren? Zudem kann man dann ganz ohne finanzielles Risiko schreiben, was bei mir zum Beispiel nicht der Fall war – auch, wenn sich das Risiko hier im kleinen Rahmen gehalten hat.

Bist du – was den Stand der digitalen Möglichkeiten angeht – verwirrt oder glücklich?

Überglücklich! Ich könnte mir ein schöneres Arbeiten als momentan überhaupt nicht vorstellen. Ohne Internet und die digitalen Möglichkeiten wäre das undenkbar. Verwirrt bin ich nur von Wikipedia-Artikeln über PGP und S/MIME – aber dazu mehr in meinem E-Book…

Interview mit Ole Reißmann

Ole ReißmannWer bist du und was machst du?

Ich bin Ole Reißmann, arbeite als Redakteur bei Spiegel Online im Ressort Netzwelt und finde Dinge heraus. Außerdem machen ich Internet-Sachen: Bloggen, Twittern, das Netz erklären. Gerade habe ich im Wintersemester an der Universität Hamburg Nachwuchs-Journalisten unterrichtet.

Dein aktueller Fang?

Wir berichten seit mehr als einem halben Jahr über die Enthüllungen, die durch Edward Snowden möglich wurden. Für mein Ressort die größte Geschichte seit Jahren. Wenn mich Freunde fragen, warum ich mich die letzten Monate so wenig gemeldet habe, schicke ich ihnen diese Infografik: http://spon.de/ad6MD

Wir medienfische haben in unseren ersten Interviews vor einem Jahr unsere Interviewpartner gefragt, ob wir einen Medien- (oder Internetminister) in Deutschland brauchen. Damals hat sich niemand wirklich dafür interessiert. Woran liegt es, dass jetzt diese öffentliche Debatte angekommen ist, ob wir einen Internetminister brauchen?

Wenn Politiker die NSA-Affäre aussitzen wollen oder ein Provider falsche Flatrates verkauft, dann fällt das mehr Menschen auf, weil mehr Menschen das Internet nutzen und sich damit immer besser auskennen. Ich glaube, es wird immer deutlicher, was alles nicht passiert: Der Breitbandausbau wird verschlafen, die Netzneutralität ist in Gefahr, vom Schutz privater Daten kann oft keine Rede mehr sein und so weiter. Fünf Ministerien kümmern sich irgendwie ein bisschen ums Digitale.

Butter bei die Fische: Brauchen wir einen Internetminister?

Klar brauchen wir den. Ein voll ausgestattetes Ministerium bedeutet ja, dass sich Hunderte Mitarbeiter um diese Themen kümmern können. Dann könnte es wirklich eine Digitale Agenda geben, also einen Plan, wie der Staat auf die Herausforderungen der Digitalisierung reagiert. Ich glaube, die Auswirkungen sind gravierender, als es die existierenden Institutionen gerne hätten. Ich weiß aber auch, dass einige Netzaktivisten lieber kein Ministerium wollen, aus Angst, das könnte dann womöglich von der Union besetzt werden und das sei dann schädlich für die Freiheit im Netz. Aber letztlich geht es doch auch um politischen Streit.

Kann man die Piraten mit den Grünen vergleichen? Die Grünen haben damals einen Umweltminister ins Spiel gebracht. Sind die Piraten in dieser Sache überhaupt noch _wichtig_?

Tja. Ich habe eine Zeit lang über die Piratenpartei geschrieben. Anfangs sah es ein bisschen so aus, oder? Aber dann haben die Piraten offenbar beschlossen, allen zu zeigen, warum Politik besser doch nicht von sozial überforderten Foristen gemacht werden sollte. Ich würde sagen, die Piraten waren wichtig, denn nun sind die anderen Parteien aufgewacht. Wozu das letztlich geführt hat und wie ernst Netzpolitik oder die Öffnung von Parteistrukturen genommen wird, ist wieder eine andere Frage.

Nach Prism und Tempora: Wir Fische kennen uns noch nicht so wirklich mit Verschlüsselung aus. Was rätst du uns?

Einfach mal anfangen. Mit E-Mails und Chats geht das einigermaßen einfach, dafür gibt es Anleitungen und Cryptopartys. Aber machen wir uns nichts vor: Wenn jemand dringend unsere Kommunikation ausspähen will und die Ressourcen eines Geheimdienstes hat, dann schafft er das wohl auch. Aber wenn man verschlüsselt, macht man es Angreifern schwerer: Sie müssen einen dann direkt angehen und können nicht einfach nur ein großes Schleppnetz auswerfen. Wir haben alle etwas zu verbergen, und wir können Whistleblowern, Anwälten, Ärzten, Seelsorgern, Journalisten helfen, wenn wir verschlüsseln.

Warum heißt es eigentlich Netzpolitik – und nicht Medienpolitik? Das Wort „Medienpolitik“ hört man nicht mehr so oft. Woran liegt das?

Medienpolitik gibt es einfach schon ein paar Jahrzehnte, ein klassisches Politikfeld, hinter dem viel Länderpolitik steckt: die Regulierung des Rundfunks, Jugendschutz und Tagesschau-App. Das Internet hat dieses Politikfeld auf den Kopf gestellt, auch wenn die Institutionen das noch nicht ganz gemerkt haben. Netzpolitik ist mehr als Medienregulierung.

Anonymous ist für dich eine Gruppe, die …

Nein, keine Gruppe, mehr ein Protestlabel mit ein paar Grundannahmen. Anonymous ist für mich eine neue soziale Bewegung, die eng mit dem Internet und der Chankultur verwoben ist, der Forensubkultur, und die nun weltweit in Erscheinung tritt. Ich habe mit meinen Kollegen vor zwei Jahren ein Buch über Anonymous geschrieben, seitdem ist viel passiert: Ein wichtiger Hacker war FBI-Informant, mehr als ein Dutzend Aktivisten stehen für den Sitzstreik gegen PayPal vor Gericht. Die “New York Times” hat gerade in ihrem Magazin ausführlich über neue Entwicklungen berichtet.

Wenn du Netzwelt-Forscher wärst und dafür sehr viel Geld für eine Forschung bekommen würdest, an was würdest du aktuell länger forschen wollen?

Wie kommen die zwei Drittel der Weltbevölkerung online, die bisher das Internet nicht nutzen? Will man die kühnen Ideen wirklich Facebook und Google überlassen? Und wie kann das Internet geschützt werden vor Manipulation durch Regierungen und Umbauversuche durch Unternehmen?

Bist du – was den Stand der digitalen Möglichkeiten angeht – verwirrt oder glücklich?

Glücklich verwirrt. Es passiert gerade so viel auf der Welt, mit und durch das Netz. Revolution ist noch gar nicht der richtige Ausdruck dafür. Kann schon sein, dass man die Bedeutung der Zeit, in der man lebt, gerne überbewertet und sich damit selbst überhöht. Trotzdem scheint mir das gerade alles sehr aufregend und voller interessanter Widersprüche zu sein.

Die Weisheit der Menge

„Oft beschreiben (internetspezifische) Theorien einleuchtend, wie Netzwerke sich herausbilden, wachsen, und welche Form und Größe sie annehmen, aber sie schweigen dazu, wie sie in die Gesellschaft eingebettet werden und welche Konflikte daraus entstehen.” Aus „Das halbwegs Soziale: Eine Kritik der Vernetzungskultur” von Geert Lovink

In der zweiten Ausgabe von „Netzkultur. Freunde des Internets“ geht es um virtuelle Gemeinschaften mit allen Vor- und Nachteilen: Eine Aktivistin von Change.org beschreibt die Organisation von E-Kampagnen, der erste Dokumentarfilm über Bitcoins erlebt seine Preview, und Diana Arce lädt zum Polit-Karaoke. Im Gespräch über „Freundschaft zwischen Avantgarde und Nerdtum“ trifft die Regisseurin Angela Richter auf WikiLeaks-Aktivisten. Der Medientheoretiker und Netzkritiker Geert Lovink spricht über die Gefahren und Potenziale virtueller Netzwerke. Verleger, Hacker und Künstler aus Afghanistan, Deutschland, Großbritannien und Syrien diskutieren u. a. über eine partizipatorische Bücherverkaufsplattform als Alternative zu Amazon, ein kulturelles Hacker-Projekt für die Entwicklung von Festival-Apps und ihre ganz eigene Form des künstlerisch-politischen facebook-Aktivismus. In Workshops lässt sich die Technik des Liquid Feedback erlernen, und Leander Wattig bittet zur Socialmedia-Sprechstunde. Und ab 22:00 Uhr lädt das YouTube-Wunder Koenigleopold aus Wien mit seiner furiose Mischung aus Hip Hop, Jazz, Funk und Wahnsinn auf die Seitenbühne: ein deutsches Debütkonzert.

Netzkultur ist ein gemeinsames Projekt der Berliner Festspiele und der Bundeszentrale für politische Bildung. Wir medienfische unterstützen das Projekt im Auftrag der Berliner Festspiele.

Interview mit Thomas Knüwer

KnüwerT_SWWer bist du und was machst du?
Ich bin Thomas Knüwer, Gründer der digitalen Strategieberatung kpunktnull sowie Editor at Large des Internet Magazins. Außerdem blogge bei Indiskretion Ehrensache über Medien und Marketing sowie bei Gotorio über Reisen, Essen und Wein.

Dein aktueller Fang?
Flirtey, das ist ein australisches Startup, das Sachbücher mit Drohnen ausliefern möchte – die befinden sich jedoch noch in der Testphase. Wo es mir begegnet ist? In meiner Lieblings-App: Zite.

Seit wann bist du im Internet aktiv?
Im Internet aktiv bin ich seit 1992, damals noch zu Studienzwecken. Ich habe es als Recherche für das Studium genutzt, damals gab es aber noch kein World Wide Web und zum Surfen (was man damals noch nicht so nannte) musste ich in den PC-Pool des Fachbereis Wirtschaftswissenschaften der Uni Münster.

Welchen Grund gab es für dich, „Indiskretion Ehrensache“ ins Leben zu rufen?
Das steht auch im ersten Artikel in Indiskretion Ehrensache. Die Idee kam mir an einem Silvesterabend – ein spontaner Neujahrsvorsatz.

Wir haben gerade vom „Internet Magazin“ erfahren. Was ist anders im Vergleich zu anderen Internetmagazinen?
Ich glaube, dass wir eine Positionierung gefunden haben, die es so bisher nicht gibt. Es handelt sich ja um ein Wirtschaftsmagazin; daher richtet es sich an Leute, die sich beruflich mit dem Internet befassen und ein professionelles Informationsbedürfnis haben. Natürlich gibt es das t3n-Magazin, das ich persönlich auch sehr schätze, aber es ist – das muss man an der Stelle auch sagen – eben sehr „nerdig“ oder, um es mit anderen Worten zu sagen, sehr speziell. Dann gibt es noch „Werben und Verkaufen“ oder „Horizont“. Beide haben eher den Werber-Blickwinkel. Wirtschaftsorgane wie „Manager Magazin“ oder „Handelsblatt“ dageben berichten zu wenig – und grundsätzlich fortschrittspessimistisch und digitalskeptisch. Am 22. November kommt die erste Printausgabe auf den Markt. Die Internetseite ist unter www.intmag.de online, ebenso sind wir auf Facebook und Twitter erreichbar.

Du hast in einem Blogeintrag geschrieben: „Springer will nicht nur sich selbst digitalisieren sondern zeitgleich auch noch möglichst viel Geld aus dem Niedergang der anderen Verlage ziehen.“ Kannst du das nochmals kurz erklären?
Durch die Konstruktion der Übernahme macht sich Springer per Gemeinschaftsunternehmen mit Funke zum Dienstleiter der sterbenden Zeitungsbranche.

Dein Fazit zur Springer-Online-Vorgehensweise?
Springer entfernt sich stückweise im Journalismus als Kerngeschäft. Es bleiben noch zwei große Marken – Bild und Welt – mit ihren Submarken. Doch Journalismus ist nicht mehr der Konzernfokus. Strategisch ist das nicht zu bemängeln, man sollte sich dann aber auch nicht aufspielen als Retter der Mediennation. Und man sollte sich deshalb aus allen Debatten zurückziehen, wie beispielsweise der über das Leistungsschutzrecht. Nokia spricht ja heute auch nicht mehr für

die Gummistiefelhersteller.

Welche Strategie/Lösung siehst du (dauerhaft) für das Bezahlen im Internet?
Also eines ist klar: „Die“ ultimative Lösung gibt es nicht. Es gibt auch keine Anzeichen dafür, dass die Leute nicht bereit sind für Inhalte zu bezahlen. Die Menschen zahlen weltweit einiges für Inhalte: Sie zahlen für Musik, für Filme, für Bücher. Sie zahlen jedoch nicht für Nachrichten-Inhalte. Zum einen, weil sie erst nach dem Konsum eines Nachrichteninhaltes beurteilen können, ob dieser ihren Qualitätsansprüchen genügte – denn die Qualität von Nachrichteninhalten unter einer Marke schwankt massiv. Zum anderen wissen sie aber auch, dass sie diesen Inhalt exakt einmal konsumieren. Und dafür gibt es dann keine Zahlungsbereitschaft. Früher wurde die Nachrichtenlage zusammengefasst, auf Papier gedruckt und vor die Haustür gelegt – das war eine andere Dienstleistung, für die Menschen zahlen wollten. Doch ist diese Leistung eben im digitalen Zeitalter nicht mehr wettbewerbsfähig. Darüber hinaus gilt: Die Refinanzierung von Journalismus über Online-Werbung funktioniert.

Was sagst du zu Leuten in 3 Sätzen, die in erster Linie die Risiken des Netzes betonen? Fängst du an zu diskutieren?
Ich diskutiere ja gern. Meist stellt sich dann heraus, dass jene Personen von Vorurteilen getrieben sind, die genährt werden von der Berichterstattung der

klassischen Medien in Deutschland. Letztlich gilt: Das Internet ist so gut und so schlecht wie die Menschen, die es benutzen. Oder anders formuliert: Das Internet ist eine Technologie und ist nur so gut und nur so schlecht wie ihre Anwender.

Bist du – was den Stand der digitalen Möglichkeiten angeht – verwirrt oder glücklich?
Ich bin glücklich. Verwirrt bin ich nicht.