Lisa Loch (*1985) ist in Essen aufgewachsen. Sie studierte Betriebswirtschaftslehre an der Uni Essen und schloss ihr Studium im vergangenen Jahr mit dem Diplom ab. Sie arbeitet als Model und Moderatorin und lebt in Köln.
Es wird darüber spekuliert, ob uns das Netz zu schlechteren Menschen macht. Aber sind nicht wir Menschen es, die das Internet benutzen? Wenn das so ist, brauchen wir vielleicht eine Kindersicherung für uns selbst?
Das Netz macht uns keineswegs zu schlechteren Menschen. Erst wenn Menschen das Internet für fragwürdige Zwecke missbrauchen, kann es gefährlich werden. Dafür ist aber nicht das Netz an sich verantwortlich, sondern die Personen, die dort agieren. Das macht übrigens keinen Unterschied von online zu offline, außer dass die Verfolgung online leider wesentlich komplexer und diffiziler ausfällt. Entscheidend ist ein verantwortungsvoller Umgang mit dem Internet, insbesondere mit den Daten und Informationen, die man von sich selbst im Web kundtut.
Menschen haben Angst, dass man ihre Häuser fotografiert. Dabei nutzen viele Menschen, die ich kenne, leidenschaftlich gerne Google-Street-View. Bekämpfen wir am Ende etwas, das uns selbst gefällt?
Das ist manchmal wirklich ein bisschen paradox. Durchblättert man die Zeitungen und Magazine, werden immer wieder Fotos beispielsweise von Prominenten in Situationen gezeigt, in denen man selber niemals fotografiert werden möchte und man schaut trotzdem hin.
Es ist nur natürlich, dass Verbrechen im Netz den Verbrechen in der realen Welt ähneln. Es wird jedoch so getan, als ob das Netz nur aus Cybermobbing, Kinderpornografie und Lynchjustiz bestehe. Wer profitiert von dem schlechten Ruf des Netzes?
Meiner Meinung nach genießt das Netz an sich keinen schlechten Ruf. Autos sind zum Beispiel an sich auch nicht gefährlich. Es sind doch erst die Personen, die fahrlässig mit dem Auto bzw. dem Internet umgehen oder gar vorsätzlich handeln, und somit ein Risiko für sich und andere darstellen. Wer von diesen Gefahren profitiert? Da fallen mir als Erstes Rechtsanwälte ein.
Im Fall einer Datenauswertung hätte eine Regierung sämtliche Informationen über meine Person. Wie wahrscheinlich ist es, dass irgendwann ein Chip entwickelt wird, der unsere Daten (Krankheiten, Berufserfahrungen, Liebesbeziehungen, Wohnortwechsel, moralische Fehlverhalten) sammelt, speichert und ggf. offenlegt? Und selbst wenn, wäre dies schlimm?
Auf Anhieb kann ich mir nicht vorstellen, wozu dieser zentrale Datenchip gut sein sollte. Wenn jemand an diese Informationen kommen will, soll er sich schon die Mühe machen müssen, um die Daten separat zusammen zu tragen. Krankheiten werden bei den Krankenkassen gespeichert, Wohnortwechsel beim Einwohnermeldeamt, strafrechtlich relevantes Fehlverhalten bei der Polizei, Berufserfahrungen in Businessportalen und der private Rest vielleicht in sozialen Netzwerken.
Angst ist das Thema unserer Zeit. Warum sind wir Deutschen so ängstlich/ warum brauchen wir immer so lange, bis wir uns an eine mediale Veränderung gewöhnen?
Veränderungen bergen immer erst mal Gefahren. Vielleicht ist es evolutionsbedingt so, dass man Unbekanntem im Allgemeinen zunächst skeptisch gegenübersteht. Viele denken: „Was immer gut war, kann ja nicht auf einmal schlecht sein.“ Dann dauert es eine gewisse Zeit bis Neuerungen akzeptiert werden, überzeugen können und schließlich aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken sind.
Die Urheberrechtsdebatte ist nicht neu. Wie könnte das Netz von Künstlern, Musikfirmen und Endverbrauchern verbessert werden? Oder anders gefragt: Wenn wir einen Medienminister hätten, was könnte er tun?
Es sollte eine Instanz geben, die schweren Vergehen im Netz nachgeht und unter bestimmten Voraussetzungen Bußgelder verhängt oder sogar strafrechtliche Schritte einleitet. Sicherlich hätte diese Stelle viel zu tun. Jedoch würde sie auch das Bewusstsein der User schärfen, das Internet nicht länger als rechtefreien Raum wahrzunehmen. Dementsprechend würde sich nach und nach auch das Userverhalten verbessern. Die Verfolgung von illegalen Musikdownloads hat schließlich auch seine Wirkung gezeigt.
Darüber hinaus sollte jede de-Homepage ein deutsches Impressum angeben müssen, um die Haftbarkeit und Verfolgung besser gewährleisten zu können. Insbesondere prominente soziale Netzwerke geben auf ihren deutschen Seiten ein Impressum im Ausland an. Das finde ich nicht richtig.
Stefan Raab hatte Ihren Namen in seiner Sendung für anzügliche Wortspiele missbraucht, daraufhin musste er eine größere Summe Schmerzensgelt zahlen. Gab es in Ihrem Fall auch Anfeindungen im Netz?
Die fraglichen Sendungen standen damals online abrufbereit zur Verfügung. Hätte es damals schon soziale Netzwerke gegeben, wäre das sicher ein weiterer Kanal des Mobbings gewesen. Allerdings hat man im Internet immer noch die Möglichkeit einfach offline zu gehen und nicht selber aktiv auf Onlineplattformen stattzufinden. So könnte man sich diesem Mobbingkanal wenigstens entziehen. Bei mir hat Mobbing hauptsächlich in der Schule stattgefunden. Davon hätte ich mich schlecht fernhalten können.
Sie machen einen sehr überlegten und vorsichtigen Eindruck. Wird man nach so einer Erfahrung vorsichtiger, was man im Netz von sich veröffentlicht? Sie haben ja trotzdem an ihrem Berufswunsch festgehalten.
Natürlich wird man vorsichtiger. Wobei ich mich in meinem Fall nicht hätte schützen können. Schließlich habe ich nichts getan, außer meinen Namen zu sagen.
Wie viel würden Sie im Netz für Ihre Karriere von sich preisgeben?
Ich würde nur Dinge preisgeben, die ich auch offline verraten würde.
Was raten sie jungen Frauen, die im Netz auf die große Karriere hoffen? Mit 16 ist man ja noch blauäugig.
Durch eine Präsentation im Netz auf die große Karriere zu hoffen, halte ich für sehr bedenklich. Jungen Frauen in dem Alter rate ich, sich in erster Linie auf die Schule zu konzentrieren und eine solide Ausbildung oder ein Studium zu absolvieren. Wenn dann nebenbei noch Zeit bleibt, kann man versuchen, seine Leidenschaft zum Beruf zu machen. Dabei würde ich empfehlen, immer eine Vertrauensperson zu Rate zu ziehen. In meinem Fall waren es meine Eltern, die mich unterstützt und beraten haben und mich auch ab und an wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt haben. Es können aber auch ältere Geschwister, Freunde oder Lehrer sein. Wichtig ist, dass man nicht immer nur auf sein Bauchgefühl hört, sondern hin und wieder überlegt vorgeht.