Interview mit Sebastian Esser

SebastianEsser_Foto_SW

Wer bist du und was machst du?

Mein Name ist Sebastian Esser, ich bin freier Journalist mit Schwerpunkt Medien und Politik. Vor einiger Zeit habe ich mit Wendelin Hübner Krautreporter gegründet: Die erste deutschsprachige Crowdfunding-Plattform für unabhängigen Journalismus.

Dein aktueller Fang?

Ein Fotografen-Kollege startet gerade ein tolles Projekt auf Krautreporter: „Home is where the army sends them“. Er könnte Unterstützung gebrauchen.

Wir medienfische haben 80 Follower und sind alles andere als prominent. Würde bei uns Crowdfunding Sinn machen?

Das kann man nicht so einfach beantworten. Es kommt darauf an, ob ihr eine gute Idee habt. Es ist ja ein Geschäft, letztendlich handelt es sich um eine Vorfinanzierung, also braucht man ein attraktives Angebot, ein journalistisches Produkt. Natürlich ist es von Vorteil, wenn ihr viele Follower habt, aber das alleine wird nicht reichen. Entscheidend ist die Idee.  

Was hältst du von der Idee einer Crowdfunding-Plattform nur für „Bücher“ oder „Filme“?

Beides funktioniert. Wir arbeiten gerade mit einem Verlag an einer Crowdfunding-Plattform für Bücher, das wird demnächst online gehen. Und auch im Bereich Film arbeiten wir dran – nicht alleine, aber mit Partnern. Näheres kann ich leider nicht dazu sagen.

Siehst du Crowdfunding als Zukunft oder nur als Ausflug  – mit guten Freunden und Bekannten – für den guten Journalismus?

Es ist ja schon Gegenwart, wir brauchen gar nicht in die Zukunft zu schauen. Es entstehen bereits spannende Projekte, viele Leute legen einfach los und sind dabei auch schon erfolgreich. Trotzdem gilt auch: Crowdfunding wird sicher nicht die vielen Milliarden erwirtschaften, die die Medienbranche heute umsetzt. Aber das Prinzip Crowdfunding – Vorfinanzierung journalistischer Produkte durch die Leser und Zuschauer selbst – das wird uns erhalten bleiben.

Wie finanziert sich die Plattform Krautreporter eigentlich?

Wenn ein Projekt funktioniert, bekommen wir 5 Prozent der Gesamtsumme. Wenn das Projekt nicht funktioniert, bekommen wir auch nichts.

Wir haben das Gefühl, manche wollen nur Crowdfunding machen –  nicht wegen des Projekts oder des Geldes – sondern, um auf sich als Journalist/Künstler aufmerksam zu machen. Wie siehst du das?

Ich glaube ihr habt Recht. Gerade für Journalisten ist Crowdfunding auch eine Form von Marktforschung und Marketing. Der Vorteil ist, dass man erst mal schauen kann, ob sich das Projekt überhaupt finanzieren lässt, ob das Interesse groß genug ist. Die Projektstarter machen nichts anderes, als eine Idee zu veröffentlichen. Ob man das unterstützen möchte, ist jedem selbst überlassen.

Können Journalisten im Netz zu Unternehmern werden? Und wenn ja, wie machen sie das am besten?

Jeder freie Journalist ist Unternehmer, jedes Gespräch mit einer Redaktion setzt Unternehmertum voraus. Crowdfunding ist nur eine Unterform – ein spezielles Geschäftsfeld für Journalisten-Unternehmer. Das hat übrigens auch nichts mit dem Internet zu tun. Das war schon immer so.

Welche Chancen siehst du durch die Digitalisierung für Film, Musik und Literatur?

Es gibt viele Chancen, da man den Vertrieb selbst organisieren kann. Man braucht keinen Verlag mehr. Ob man die Chancen immer nutzen kann, ist eine andere Frage.

Bist du – was den Stand der digitalen Möglichkeiten angeht – verwirrt oder glücklich?

Ich bin, ehrlich gesagt, glücklich. Natürlich bin ich auch ungeduldig, aber es passieren gerade Sachen, von denen man als Kreativer früher nur träumen konnte.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert