Wer bist du und was machst du?
Sineb El Masrar heiße ich, durchlebe gerade die diversen Stufen der 30er und arbeite als Autorin.
Du hast 2006 die erste multikulturelle Frauenzeitschrift gegründet. Was war deine Motivation?
Es war Zeit den Zeitschriftenmarkt und hier ganz besonders den Frauenmagazinbereich zu beleben. Diesem Segment neue Facetten zu verleihen und Denkanstöße zu geben, damit über den eigenen Frauenmagazin-Tellerrand geblickt wird. Mir war es wichtig ein Magazin zu konzipieren, das Frauen in den Vordergrund rückt, die ihre Wurzeln in anderen Kulturen haben. Diese aber nicht in klischeehafter und exotischer Weise vorzuführen. Wie leider oft der Fall. Daher ist auch das Team so vielfältig, wie die Lebensrealität in Deutschland eigentlich schon seit Jahrzehnten. Diese Lebensrealitäten hatten zumindest 2006 noch nicht Einzug gehalten im Frauenmagazinbereich. Das ändert sich nun etwas. Das freut mich.
Gab es nach deinem ersten Buch „Muslim Girls“ Kritik?
Eigentlich nicht. Zumindest haben mich die bösen Kritiken nicht erreicht. Der Tenor war eigentlich sehr positiv. Die LeserInnen haben sich bedankt, weil sie sich selbst darin wiedererkannt haben, sich unterhalten fühlten oder einfach eine Menge gelernt und verstanden haben, was ihnen so vorher keiner nahe gebracht hatte. Denn was das Thema muslimische Frau bzw. Mädchen angeht, herrschen heute zum Teil noch einige Vorurteile.
Welche sozialen Netzwerke nutzt du beruflich?
Ganz klassisch Twitter und Facebook. Auch wenn es da noch Luft nach oben gibt, bin ich damit soweit zufrieden.
Wie schätzt Du die Chancen des Internet ein, um die Vernetzung der muslimischen Frauen zu verbessern?
Gut. Ohne große Mühe lassen sich vom Fleck weg Muslimas bundes- bis weltweit vernetzen. Ganz einfach und unkompliziert hat jede die Möglichkeit in Kontakt zu treten. Erst einmal eine feine Sache. Allerdings bilden sich auch hier, wie im realen Leben, aufgrund von diversen persönlichen Interessen schnell Gruppen. Da kann es schon mal an Diversität mangeln. Auch das Internet funktioniert aufgrund der NutzerInnen selektiv. Das ist aufgrund der Masse an Informationen und Angeboten auch nur logisch. Das sollte nicht vergessen werden, bei all der Vernetzungseuphorie.
Was antwortest du Islamkritikern, die behaupten, der Islam rechtfertige den Einsatz von Gewalt gegenüber Nichtmuslimen?
Hängt vom Islamkritiker ab. Kann ja schnell eine ziemlich ermüdende Diskussion werden. Zunächst einmal gibt es Gewaltverse beispielsweise im Koran. Das lässt sich nicht leugnen. Das zu verneinen ist Zeitverschwendung. Die Frage ist eher, wie gehen wir damit um. Wie werten Muslime und Islamgelehrte dies? Also ein lösungsorientierter Ansatz. Mich würde umgekehrt daher interessieren, was ist der Beitrag des Islamkritikers? Geht es hier ebenfalls um Lösungsansätze und konstruktiven Austausch oder schlicht um Islambashing. Letzteres kostet nur Nerven und Zeit und führt zu keinem respektvollen Zusammenleben.
Bist du der Meinung, die sozialen Netzmedien könnten einen Beitrag zum besseren interkulturellen Verständnis leisten oder befürchtest du durch sie eher eine Zementierung bestehender Vorurteile?
Es hängt alles im Leben von der Absicht ab. Will ich das Netz nutzen, um Schaden anzurichten und Menschen auszugrenzen, werden diese Personen das Netz für diese Zwecke missbrauchen. Leute, die aufrichtiges Interesse an Kulturen, verschiedenen Lebensweisen sowie an unterschiedlichen Meinungen haben, werden trotz der Flut an Informationen und Angeboten im Netz sich bemühen ihre Vorurteile immer wieder im Blick zu behalten. Es liegt damit in den Händen eines jeden Einzelnen, wie und welche Netzmedien er oder sie nutzt.
Bist du, was den Stand der Digitalisierung angeht, aktuell eher verwirrt oder glücklich?
Es verändert sich vieles sehr schnell. Das Tempo mithalten zu können, ist nicht immer einfach. Das ist manchmal etwas ermüdend. Aber auch höchst spannend. Denn es gibt vieles zu lernen. Und das ist doch eines der vielen spannenden Dinge im Leben eines Menschen. Neues entdecken und mehr darüber zu erfahren.